Dänemark

Dänemark

Dänemark, das letzte Land, bevor ich wieder zurück nach Deutschland kam. Auch hier hatte ich keine Ahnung, was mich erwartete. Aber von dem Land hört man ja, speziell was das Fahrradfahren anbelangt, nur Positives. Gerechtfertigter Weise?

Helsingborg (Schweden) und Helsingør (Dänemark) liegen sich an engster Stelle des Öresund (Teil der Ostsee) gegenüber. Es sind gerade mal vier Kilometer. Die Überfahrt war zu kurz, als dass ich all meine elektrischen Geräte hätte laden können.

Dänemark Auch Dänemark hat keinen Euro. Ein Wechselbüro war schnell gefunden. Mit dänischen Kronen in der Tasche düste ich in den Gassen umher.

Dänemark Es scheiden sich die Geister, ob Dänemark nun zu Skandinavien gehört oder nicht. Auf den ersten Blick würde ich sagen: Nein! Die Häuser und Straßen sind anders als in Schweden und Finnland.

Hier wurde mir direkt vor Augen geführt, welche Bedeutung Fahrräder in Dänemark haben.

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Natürlich gibt es auch viele ausgeschilderte Fernradwege. Ich hätte nur der Nr 9 folgen müssen, die direkt nach Kopenhagen führt. Stattdessen bin ich die Straße direkt entlang an der Küste gefahren.

Zwischen Helsingør und Kopenhagen gibt es kaum eine unbebaute Stelle. Eine Prachtvilla steht an der anderen. Die wollte ich gerne von vorne sehen. Allerdings waren auch riesige Autos auf der Straße unterwegs. Schließlich bin ich doch auf den Radweg abgebogen.

Kopenhagen war ein Abenteuer anderer Art. Bei Weitem war ich nicht die einzige Radfahrerin. Auf dem Radweg war mehr los als auf der Straße. Und sie waren wesentlich schneller unterwegs als ich. Schnell lernte ich den Vorteil von Handzeichen. Bevor man anhält ist es ratsam eine Hand hoch zu halten, damit die nächsten zwanzig Radler nicht auf dem Gepäckträger landen.

Unfallfrei erreichte ich den Campingplatz nicht weit vom Stadtzentrum und konnte mich von den ersten Eindrücken erholen.

Noch größer war das Abenteuer, als ich am nächsten Morgen mit vollbeladenem Fahrrad in die Stadt fuhr. Unzählige Fahrradfahrer waren auf dem Weg zur Arbeit. Ich kam mir vor wie auf einem Velodrom. Auch schicke Frauen mit wehenden Kleidern und Haaren brausten an mir vorbei. Nicht sehr verwunderlich, dass eine Horde Männer ebenso schnell folgte. Wahrscheinlich gibt es eine Richtgeschwindigkeit, die so bei 20 Kilometer pro Stunde liegt.

Manche Kinder wurden mit dem Christiania-Lastenrad in den Kindergarten oder ähnliches gebracht. Schon wenn mich ein “normales” Fahrrad überholen wollte, war der Radweg kaum breit genug. Wahrscheinlich hatten sie bei der Planung des Radweges auch noch nicht an die Lastenräder gedacht, die inzwischen fast immer elektrifiziert sind. Von dem empfohlenen Überholabstand von einem Meter fünfzig, blieben nicht einmal fünf Zentimeter übrig.

War ich froh, als ich den größten Teil hinter mir lassen und meine Geschwindigkeit auf die üblichen 15 Kilometer pro Stunde herabschrauben konnte.

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Jetzt getraute ich mich wieder anzuhalten und Fotos zu machen. Alte und moderne Architektur mischt sich hier auf sehr angenehme Weise.

Zu den Autostraßen und Fahrradwegen kommen auch noch Wasserwege.

Wenigstens die Meerjungfrau wollte ich sehen.

Wenn ich nicht schon vorher gewusst hätte, dass es sich um das kleinste Monument handelt, hätte ich es glatt übersehen. Selbst die Asiaten waren fast größer.

Natürlich stand auch Christiania ganz oben auf der Liste.

Schon 1971 haben “Zukunftsdenkende” das ehemalige Militärgebiet “übernommen”. Das 34 Hektar große Gebiet inmitten von Kopenhagen ist eine autonome Freistadt. Sie haben ihre eigenen Regeln, zum Bespiel, dass Autos nur in Ausnahmefällen zum Transport genehmigt sind.

Die Christiania Lastenräder haben hier ihren Ursprung. Heute befindet sich das Werk auf Bornholm. Aus dem Stadtbild Kopenhagens sind die Lastenfahrräder nicht mehr wegzudenken.

Nachdem ich mehr als 30 Kilometer in der Stadt unterwegs war, hatte ich genug gesehen.

Kaum aus der Stadt heraus, ließ die Natur nicht lange auf sich warten. Zuerst durch Wälder und Felder, dann wunderbar dem Strand entlang.

Und wieder hatte ich die Qual der Wahl. Am Besten einfach mal Richtung Süden.

Hier war ich wieder auf dem EuroVelo 10, der Ostseeküstenradroute, die ich in Finnland verlassen hatte. Da hier auch die Berlin-Kopenhagen-Route ist, waren umso mehr Radler unterwegs. Die meisten kamen mir, wie der Wind, entgegen.

Es war mal wieder herrlich bei dem strahlend blauen Himmel durch die Dörfer zu fahren. 

An diesem Tag kam ich nur noch einmal durch eine größere Stadt: Køge.

Obwohl sie von den Holsteinern im 14. Jahrhundert niedergebrannt und durch den Dänisch-Schwedischen Krieg im 17. Jahrhundert erneut ruiniert wurde, gibt es hier die schönsten Fachwerkhäuser in Dänemark.

Das zieht viele Touristen an, die neben dem Handel Geld in den Ort bringen. Eine Kugel Eis kostete 25 Dänische Kronen. Das entspricht 3,35 Euro. Das fand ich dann doch etwas übertrieben.

Zum Übernachten wollte ich in eine Schutzhütte in einem Naturpark. Nur war die Straße dorthin wieder halb gesperrt. “Privatweg”. Ich überlegte mir gerade, ob ich weiterfahren sollte, als auf einmal ein uraltes Wohnmobil hinter mir stand. Der wollte auf einen Parkplatz nur ein paar hundert Meter von hier, zum “Holtug Kridbrud”. Wusste ich was ein Holtug Kridbrud ist? Egal, ich folgte

Und schon wieder war ich etwas schlauer. Holtug war der Ort, durch den ich vorher fuhr und Kridbrud ist ein Kreidebruch.

Es war einfach fantastisch. Direkt an der Kante, an einem Picknickplatz stellte ich mein Zelt auf. Es gab sogar eine richtige Toilette mit Licht und Wasser.

Da auch hier absolutes Feuerverbot war, bekam ich von dem netten älteren Herrn aus dem alten Wohnmobil kochendes Wasser. Da er auch noch Geologe war, konnte er mir mehr über die Gegend und die Fossilien erzählen.

Außerdem meinte er, es gäbe eine Sturmwarnung für den nächsten Tag im Westen von Dänemark. Hier am Holtug Kridbrud fing es schon nachts an. Zum Glück hatte ich mein Zelt gut festgemacht, sonst hätte es mich wohl hinunter geweht. Es stürmte, donnerte und gewitterte.

Dank des Sturmes war mein Zelt am Morgen wieder total trocken. Dank des Regens getraute ich mich für meinen Kaffee meinen Kocher zu benutzen. Nur der Sturm, also der Gegensturm, war beim Fahren äußerst lästig.

Von der interessanten Gegend bekam ich sehr wenig mit. An der Festung von Stevns hielt ich nur kurz an. Während des Kalten Krieges war das ein strategisch wichtiger Stützpunkt, aber alles streng geheim. Die über ein Kilometer langen Gänge unter der Erde sind wahrscheinlich mit am Interessantesten. Aber wie gesagt, ich fuhr weiter, gegen den Wind. Militärische Stützpunkte musste ich nicht genau sehen, Kanonen interessieren mich nicht so. Aber, dass es so etwas hier gab, fand ich schon interessant.

Unzählige strahlende Radfahrer kamen mit Rückenwind mir entgegen. Meist Paare, ein Vater und Tochter, einmal zwei Frauen und eine alleinradelnde Frau. Ich fragte ein Paar, wie viele denn in meine Richtung unterwegs wären. Die Antwort war kurz und knapp: keiner! Wen wundert es.

Dank der Kurven hatte  ich nicht immer frontalen Gegenwind. Nur dank des Waldes und des Windschattens, kam ich überhaupt weiter.

Um die Mittagszeit waren es 14 Zweiergruppen, die mir entgegen kamen. Um windgeschützt Pause zu machen, bog ich zu einer Schutzhütte ab. Es war fantastisch.

Ich wollte hier wirklich nur Mittag machen. Da es sehr kalt war, holte ich meinen Schlafsack heraus und schlief ein. Erst um 15:30 Uhr wachte ich wieder auf. Damit war die Frage geklärt, ob ich bleibe oder weiterfahre. Wen kümmert Regen und Sturm, wenn man so eine schöne Schutzhütte hat.

Leider dauerte der Sturm am nächsten Tag an. Aber ich war wenigstens ausgeschlafen. Mein Schreck kam mit der langen Brücke.

Da musste ich jetzt wohl oder übel drüber. Zum Glück kam der Wind aus der Richtung, dass er mich eher auf die Fahrbahn, als ins Meer geblasen hätte.

Immer wieder sah es so aus als ob es regnen wollte, ließ es aber vorerst bleiben. Es fing erst zwei Kilometer vor der Fähre, wo ein Schutzraum gewesen wäre, wieder an.

Nass kam ich dann dort an und musste noch 45 Minuten warten. Pause – essen – frieren. Draußen stürmte und schüttete es. Ich überlegte mir, ob die Fähre überhaupt fahren kann. Aber für sie war das Wetter wahrscheinlich nicht so ungewöhnlich.

Auf der anderen Seite regnete es nur noch leicht und ich konnte bald in einen Wald abbiegen. Wieder fand ich an einer Steilküste eine wunderbare Schutzhütte.

Vor mir waren nur noch ein paar Bäume, dann das Meer. Moosbewachsener Boden, fantastisch. Es war nur das Rauschen des Meeres und der Blätter zu hören. Herrlich.

Das schlechte Wetter hat jetzt auch die Fahrradfahrer in der Gegenrichtung ausgebremst. Es war kaum mehr einer unterwegs. Auch meine Lust hielt sich in Grenzen.

Da ich am Abend vorher meinen ganzen Akku vom Laptop verbraucht hatte, hatte ich einen guten Grund ein paar Stunden bei McDonalds in Nykobing zu verbringen: Kaffee trinken, Laptop laden und bei kostenlosem WiFi Fotos hochladen.

Danach war es etwas besser. Es wartete wieder eine Brücke auf mich. Auf dieser Reise sah ich schon zwei Drehbrücken. Aber so etwas:

Hier kann es sein, dass Dir die Straße ins Gesicht schnappt.

Dann war ich auf meiner letzten dänischen Insel, Lolland. Alles war sehr ländlich, ab und zu taucht ein schlossartiges Gebilde auf.

Wie hier das Gut Krenkerup. Sehr bald fand ich wieder eine Schutzhütte, gerade rechtzeitig, bevor wieder der Regen anfing.

Zum Glück gab es zwei von diesen Hütten, denn es kam noch eine deutsche Familie mit zwei kleinen Kindern am Abend.

So verbrachte ich meine letzte Nacht in Dänemark.

Es waren nur noch wenige Kilometer bis nach Rødbyhavn, wo die Fähre nach Fehmarn, Deutschland, ablegte.

So, aber für heute reichte es. Nächstes Mal gibt es nur noch den Rest von Fehmarn nach Hamburg.

Dänemark erfüllte somit den Ruf, ein wunderbares Fahrradland zu sein. Vor allem die genialen Schutzhütten haben es mir angetan. Daran sollten sich andere Länder ein Beispiel nehmen.

2 Gedanken zu „Dänemark“

  1. Schön, dein Bericht der Strecke durch DK. Interessant auch. ‚Kridbrud‘ wird auf den Schildern mit dt geschrieben, in deinem Text ohne das t. Die Dänen werden es dir kaum übel nehmen. Du schreibst ja viel, da kann das passieren.

    Ich hatte vor ca. 4 Jahren (?) deinen Vortrag in der Stadthalle in Schopfheim gehört. Du berichtetest von einer Weltreise.
    Ich frage mich jedesmal, wie du deine Reisen finanzierst, wenn du über Monate deine verdienstvolle Arbeit aussetzt.
    Aber ich erwarte selbstverständlich keine Erläuterung dazu;-)

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    • Erstaunlich, dass sich noch jemand an meinen Vortrag in Schopfheim erinnert. Vor allem, da er schon länger her ist. Es war Herbst 2010 oder Frühjahr 2011. Wie Du Dir vorstellen kannst, brauche ich auf meinen Reisen mit Fahrrad und Zelt kaum Geld. So ist es für mich viel günstiger, durch die Welt zu radeln, als in Deutschland zu verweilen.
      Vielen Dank auch noch für den Tippfehler. Bisher hat es noch niemand bemerkt. 😉

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