Was ich mit 60 Jahren getan haben wollte

Es gibt ein paar Meilensteine in Deinem Leben. Geprägt von Geburtstagen, vor allem den Runden. 

Bevor ich 40 wurde, wollte ich einen Marathon laufen. Hatte ich erfolgreich abgehackt. Danach bin ich mit dem Fahrrad über die Alpen, von Basel nach Venedig. Erfolgreich abgehakt. 

Wer übrigens behauptet, ab 30 Jahren geht es nur noch abwärts, hat, was mich betrifft, absolut unrecht. Nie war ich so fit wie mit 40. 

Mit 30 steht noch der Beruf im Vordergrund. Dein eigener Körper, Gesundheit und Fitness spielen noch keine große Rolle. Gesundheit nimmt man als Gegeben hin. Um die Fitness sollte man sich kümmern, das hat aber auch noch später Zeit.

So, und jetzt stand ein neuer, runder Geburtstag an. Nochmals 20 Jahre mehr. Was stand nun an? Nachdem ich eigentlich alles gemacht habe, was ich machen wollte. Manchmal frage ich mich, was nach den „Big five for Live“ von John Strelecky kommt.  Ich suche noch danach. 

30

An meinem 30sten Geburtstag war ich auf der Freiheitsstatue in New York. Es war ein Vorzeichen für meinen weiteren Lebenslauf. Wahrscheinlich hat selten jemand so viel Freiheit gehabt und auch genossen, wie ich.

40

Nachdem ich mit 39 Jahren den Marathon gerannt bin, über die Alpen geradelt, bin ich auf ein Auto gefahren. Danach lag ich zwei Wochen im Krankenhaus. Den ganzen Sommer, bis in den Herbst war an Sport nicht zu denken. Deswegen gönnte ich mir zu meinem 40sten Geburstag eine Sportreise nach Sizilien. 

50

Am 50sten Geburtstag war ich auf meiner zweiten Weltumrundung in Australien.

Eigentlich wollte ich was machen, was ich noch nie gemacht hatte: Kitesurfen! Da ich einen Flugschein fürs Gleitschirmfliegen habe und früher viel Skateboard gefahren bin, hat es mich schon sehr interessiert. 

Ein Equipment hatte ich natürlich nicht. Ich dachte, ich könne mir so eine Stunde einen Privatlehrer gönnen und die Ausrüstung ausleihen. Womit ich nicht gerechnet hatte, war der Preis. für 400 Australische Dollar hätte ich am Vormittag an Land ein paar Übungen machen können. Für weitere 400 Australische Dollar wäre es vielleicht am Nachmittag ins Wasser gegangen. 

50ster Geburtstag hin oder her – das war mir eindeutig zu viel 

Und jetzt

Nun stand wieder ein runder Geburtstag an. Vor 20 Jahren bin ich über den Splügenpass. 

Das brachte mich auf die Idee, dass ich bevor ich 60 werde, über den Gotthard gefahren sein wollte. Die Anden und das Pamir-Gebirge habe ich ja schon befahren. Die Alpen, seit nun drei Jahren quasi vor meiner Haustür, noch nicht so. 

Ich stimme zwar nicht zu, dass es ab 30 Jahren nur bergab geht. Die letzten 20 Jahren zeigen sich jedoch deutlicher. Vor allem die Nachwirkungen meines Kniebruchs vor 20 Jahren. Meine Beine haben schon mir als 200.000 Radkilomter drauf. Darum möchte ich bei Weitem nicht klagen. Ich bin dankbar, dass ich das alles machen konnte und so lange es geht, weitermache. 

Bevor ich in der Schweiz war, machte ich nur eine kleine Wochenendtour. Am ersten Tag fuhr ich etwas über 100 km. Vorerst kein Problem. Am zweiten Tag waren es nur 80 km mit Gegenwind. Noch nie ging es mir nach dem Fahrradfahren so schlecht. Ich hatte Kopfweh und Übelkeit. Das gab mir doch sehr zu bedenken. Wars das jetzt? Soll ich die Fahrt über die Pässe lieber bleiben lassen? Oh je, oh je. 

Zum Test machte ich eine wunderbare, leichte Radtour im Schwarzwald.

Danach war meine Zuversicht wieder hergestellt und ich freute mich auf die Schweiz. 

Es hat sich allerdings etwas geändert und ich würde nicht sagen zum Schlechten. Ich brauche keine Hunderte von Kilometern mehr zu fahren. Ich freue mich über das, was ich erreicht habe. Ich kann jetzt auch Pausen genießen. Einfach in der Sonne zu sitzen und mich freuen, dass ich warme Füße habe. Und wie es sich herausgestellt hat, schaffe ich die Pässe trotzdem noch. 

Mein abruptes Ende der Norwegenreise möchte ich nicht (nur) auf mein Alter schieben. Vielleicht bin ich doch noch nicht so vernünftig, wie ich eigentlich gedacht hatte. Da ich keine Pause, keinen Ruhetag einlegte, sagte mein Körper stopp! 

Dieses Jahr mache ich in Norwegen dort weiter, wo ich aufgehört habe. Davor warten noch einige Schweizer Pässe auf mich. 

Für mich heißt es nun: einfach dranbleiben. If you don’t use it you loose it. 

Mal sehen, was die nächsten zehn Jahre bringen. 

7 Gedanken zu „Was ich mit 60 Jahren getan haben wollte“

  1. liebe Dorothee, vielen Dank für Deine Veröffentlichung, es ist absolut super, was Du schon alles gemacht hast und ich bin sicher, dass Du weiterhin Deine Freiheit geniesst viel unternehmen wirst und hoffe, Deine Gesundheit macht mit. Unser Nachbar ist 83, er fährt trotz „Ersatzteilen“ wie Knieprothesen und weiterhin Mountain Bike und Motorrad, sowie Elektro-Trotinette und Kanu, etc.und hört gern Joe Cocker 🙂
    Ein Zeichen des Älterwerdens ist sicher, dass man/frau nicht mehr unbedingt Superlative braucht, sondern sich an den kleinen schönen Dingen v.a. der Natur erfreuen kann und da gibt’s in Deiner Gegend ja genug, ansonsten kannst Du gern jederzeit zu uns an den Atlantik kommen!! Sizilien habe ich immer noch in.bester Erinnerung, auch wenn ich nur einen Bruchteil Deiner Sportaktivitäten mitgemacht habe….

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    • Liebe Elke, vielen Dank für Deinen ausführlichen Kommentar. Ich stimme Dir voll zu, wir brauchen die Superlativen nicht mehr. Hauptsache wir bleiben in Bewegung.

      Euch alles Gute und bis bald am Atlantik 😉
      Dorothee

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      • Liebe Doro, diese Gedanken bewegen mich auch sehr in den letzten Jahren. Mit 50 habe ich gespürt, dass der Körper sich verändert und Regeneration länger dauert. Auch ich hatte um die 40 meine sportlich gesehen beste Zeit.
        Seit ich meinen Hund habe, liegt der Fokus beim Radfahren ganz anders. Gemeinsam kommen wir langsam voran. Es gibt viele Pausen für’s Fotografieren, Spielen, Landschaft schauen etc. Trotzdem möchte ich mich in Summe anstrengen. Und ich hoffe sehr, dass wir noch viele Jahre überwiegend ohne Elektro auskommen. Denn das ist für mich das eigentliche, das wirkliche Radfahren.
        Bleib gesund! Katrin

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        • Hi, liebe Katrin, vielen Dank für Deinen Kommentar. Deine Community und auch ich danken Dir, dass Du jetzt mehr Pausen machst und fotografierst 😉 . Vielleicht habe ich dazu auch eines Tages die Muse und Geduld.
          Mit Hundeanhänger fände ich es sehr schnell anstrengend, überhaupt in den Bergen, wo Du unterwegs bist.
          Eins der einzigen Dinge, das im Alter schneller geht: man kommt schneller außer Atem. 🙂

          Hauptsache wir haben weiterhin Spaß dabei und bleiben gesund. Liebe Grüße Dorothee

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  2. Hallo Doro, interessante Perspektive und eindrückliche Zielerreichungen! Hattest du das schon mit 20 vor, oder jetzt ein Rückblick auf die letzte Jahren? Ich erinnere mich noch gut, wenn du entschieden hast, auf dem Rad zu steigen. Das scheint mir wirklich noch immer das Richtige für dich zu sein.
    Selbst habe ich niemahls so eine Liste gehabt – so weit ich erinnnern kann. Irgendwie haben wir Menschen (nicht allen) einen Trieb – woher die kommt, ist mir noch immer nicht klar. Wenn ich letzte Woche mit George Boulden (86) gesprochen habe, sagte er mir: „Richard, ich habe entdeckt, das es nicht 3, aber 4 Fasen im Leben gibt. Ich bin jetzt in die Vierte angelangt. Ideal währe, wenn ich einfach morgen nicht aufwache.“.
    Mit 20 Jahre jünger, denke ich noch in 3 Fasen, obwohl nach meine Saunaerlebnis in December 22 etwas sich grundsätzlich geändert hat. Ich lebe jetzt mehr „in the now“. Wie war es auch wieder? „Tomorrow is a mystery. Today is a gift. That’s why we call it ‚The Present‘ – Eleanor Roosevelt“. Einerseits gibt es noch immer den Trieb, anderseits die Dankbarkeit heute mit meine geliebten geniessen zu können. Ein Ding hat sich nicht geändert: Was ich auch mache, ich sorge dafür, das positive drin zu sehen und es damit zu geniessen.
    Ich wünsche dir noch viele glückliche Fahrrad kilometer, und freue mich auf deine nächste Perspektive, in Wort und Bild.

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    • Hallo Richard, vielen Dank für Deinen ausführlichen Kommentar, hat mich sehr gefreut.
      Nein, ich habe mir nicht schon mit 20 Jahren überlegt, was ich mit 40, 50 oder 60 gemacht haben möchte. Ich plane nicht über Jahre hinweg. Es kommt mir maximal ein Jahr früher.
      Für die meisten 86 Jährigen wäre es sicherlich das Beste, sie würden am nächsten Tag nicht aufwachen (nicht für die Hinterbliebenen). Ich besuche regelmäßig eine 85 jährige Bäuerin. Sie möchte gerne nicht mehr aufwachen. Aber so einfach ist es halt nicht.
      Wichtig ist, dass man ab einem gewissen Alter sagen kann: und wenn ich morgen sterbe, ist es OK.
      Obwohl ich weitere Ziele und Projekte habe, denke ich auch, Ok, wenn ich morgen sterbe, ich habe so viel gesehen und gemacht, es ist Ok. Wenn nicht, kann ich noch viele Projekte durchziehen. Auch gut, solange ich gesunde und fit bin.
      Ich kann mein Leben nicht in 3 oder 4 Phasen einteilen. Soweit ich gehört habe, beginnt bei Anthroposophen alle 7 Jahre eine neue Phase. Bis 28 oder 35 kann ich dem zustimmen. Danach dauern die Phasen länger. Ich zähle meine Phasen nicht mehr.
      Im hier und jetzt zu leben, ist einfach, für mich jedenfalls. Da ich davon ausgehe, dass ich morgen aufwache, denke ich auch ab und zu an morgen. Da kann alles ganz anders aussehen. Ich möchte darauf vorbereitet sein.
      Auf jeden Fall wünsche ich mir, dass wir weiterhin voneinander hören und wünsche Dir weiterhin ein gesundes, glückliches Leben.

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