Von Cape Oma nach Tokio

Honshu Teil 1:

Von Cape Oma nach Tokio

Samstag, 28.09.2024

Ich war mal wieder froh, alleine unterwegs zu sein, spontan Entscheidungen treffen zu können und keinen festen Plan zu haben, an den ich mich halten muss. Es war gegen 11 Uhr, als ich in Oma ankam.

Eigentlich wollte ich nur die vier Kilometer zum Cape hoch und dann weiter. Doch dann entdeckte ich den kleinen Campingplatz direkt am Cape, mit einem Aufenthaltsraum, Kochgelegenheit und Steckdosen! Es war zwar noch kein Zelt da, da es ja noch so früh war, aber ich machte den Anfang.

Eine Dusche gab es natürlich nicht, aber nicht weit entfernt fand ich einen Onsen, die heißen Bäder. Es war ein ganz einfacher für die Frauen aus dem Dorf. Die Frauen in den Bädern sind immer viel zugänglicher und interessierter als sonst auf der Straße.

Frisch gewaschen kam ich zurück. Mittlerweile standen schon mehrere Zelte da, hauptsächlich von Motorradfahrern.

Am nächsten Morgen war es noch wunderschön, später zogen jedoch dunkle Wolken auf. Das Wetter war mir egal; ich wollte heute wieder Fahrrad fahren. Ich fuhr am Meer entlang, durch kleine Fischerdörfer. Außer ein bisschen Nieselregen wurde es wieder richtig warm. Am Strand von Yokohama, wo offiziell Zelten erlaubt ist, war kein Mensch. Meine vorerst letzte Nacht am Strand war sehr ruhig.

Nach Aomori ging es in die Berge. Zuerst war ich sehr froh, durch die Wälder fahren zu können, ohne Angst vor Bären haben zu müssen – bis ich las, dass auch hier Wanderwege wegen Bären gesperrt sind. Der Mann vom Tsukimino Forest Park sah aus und klang wie ein Schellenbaum.

Es war einer der härteren Tage von Aomori zum Towada-See. Aber ich wollte ja in die Berge. Hier sieht es langsam immer japanischer aus, vor allem was die Häuser in den kleinen Dörfern angeht.

Die Apfelernte ist in vollem Gange. Anscheinend wird hier auch ein Cidre hergestellt. In den Konbini (kleine Supermärkte) bekomme ich an Obst meist nur Bananen.

Es ging hoch und höher. Die Straße wurde steiler und schmaler; zum Glück nahm auch der Verkehr ab. Von 700 Metern Höhe hatte ich einen grandiosen Blick auf die Berge rund um den See.

Für mich ging es 250 Meter steil hinunter. Das heißt, am nächsten Tag musste ich zuerst wieder ganz schön hoch. Aber das war am nächsten Tag. Für die Nacht hatte ich einen Campingplatz mit fantastischer Sicht über den See.

Noch mit Sonne ging es hoch. Es war allerdings abzusehen, dass es regnen wird.

Was nicht abzusehen war, war, dass es nicht mehr aufhört. Es wurde auch richtig kalt. Zeit, mir etwas Richtiges zu gönnen: ein Ryokan, ein traditionelles, japanisches Hotel. Ich hatte wirklich sehr viel Glück. In Takko, der Knoblauch-Hauptstadt, hat die ältere Dame mir gleich am Eingang all meine nassen Sachen abgenommen und in einen Trockenraum gehängt. Auch die Schuhe hat sie mit Zeitungspapier ausgestopft, damit sie am nächsten Tag trocken sind.

Dann konnte ich in die hauseigene Onsen (heißes Bad). Da war ich zwar nicht trocken, aber warm.

Trocken war ich dann gleich danach. All meine Kleider in die Waschmaschine und in den Trockenraum. Eine prima Sache!

Langsam habe ich das Gefühl, ich mache nur Pläne, um sie nachher wieder verwerfen zu können. Die Kälte und der Regen haben mich doch wieder davon abgehalten, über die Berge ans Meer zu fahren. Lieber noch weiter das Tal entlang. Teilweise waren es große Straßen und viel Verkehr. Bei dem Regen fand ich das das kleinere Übel, als in den Bergen bei Kälte und Nebel.

Nach ein paar Tagen hörte der Regen kurz auf.

Auf einem kleinen Campingplatz traf ich einen jungen Japaner mit seinen zwei kleinen Kindern, die „Probe-Campen“. Er sprach sehr gut Englisch. Es tat richtig gut, wieder jemanden zum Reden zu haben.

Da er aus Sendai kommt, meinem nächsten Ziel, hat er mich zu sich eingeladen. Es ist immer wieder erstaunlich, auf welchen Wegen mich Komoot, mein Tourenprogramm, führt. Es kennt die kleinsten Pfade. Es ging hauptsächlich durch Reisfelder.

Eine der schönsten Gegenden, die ich bisher in Japan gesehen habe, war Matsushima. Hier war ich wieder am Meer. Die 260 kleinen Inseln in der Bucht gelten als eine der landschaftlich schönsten Orte Japans. Auch die Häuser sind sehr schön renoviert. Es war Sonntag, und somit war auch einiges los.

Am Meer entlang ging es sehr schnell mit Rückenwind und eben nach Sendai. Außerhalb der Stadt am Meer gibt es einen sehr schönen Campingplatz, hauptsächlich für Wanderer, die den Michinoku Trail wandern. Ich wurde mit meinem bepackten Fahrrad auch sehr herzlich empfangen.

Nur wenn man gleich am Anfang beim Einchecken den Evakuierungsplan vorgelegt bekommt, bekommt man auch ein komisches Gefühl. Das Atomkraftwerk, das 2011 durch den Tsunami zerstört wurde, ist nur 100 Kilometer südlich davon.

Da ich am nächsten Tag abends bei einer japanischen Familie eingeladen war, habe ich den Campingplatz gewechselt. Was ich nicht wusste, war, dass Sendai eine Millionenstadt ist. Es dauerte sehr lange, bis ich durch die Stadt kam. Gerade als ich am anderen Campingplatz ankam, fing es an zu regnen. Ich musste trotzdem schnell mein Zelt aufbauen und in strömendem Regen und bei Dunkelheit (kurz nach 16 Uhr!) zu meiner Verabredung. Sie wohnen in einem Haus im alten japanischen Stil. Alles ist mit Tatami-Matten ausgelegt und es gibt einen niedrigen Tisch. Es gab Ramen, ein traditionelles japanisches Essen (ohne Fisch und Pilze, weil ich das nicht esse).

Die Fahrt nach Fukushima war auch nur im Regen. Die Stadt Fukushima ist über hundert Kilometer von dem zerstörten Atomkraftwerk entfernt. Von dem Tsunami-Super-GAU ist hier nichts zu spüren. Hier habe ich einige Hotels abgeklappert, bis ich schließlich in einem Hostel gelandet bin. Und ich war begeistert. Erstens war es super sauber, ruhig, alles vorhanden, von Gesichtscreme über Zahnbürste und Ohrstöpsel. Auch Wasserkocher und alles, was man sonst noch braucht. Ich wurde sehr nett empfangen und teilte ein 4-Bett-Zimmer mit einer sehr netten Frau aus Singapur.

Über die letzten paar Tage vor Tokio gibt es nicht viel zu berichten. Ich war nur müde und bin auf den Flussradwegen Richtung Tokio getingelt, wo ich schon mein Hostel gebucht hatte.

Allerdings fand ich es trotzdem spannender als die Flussradwege in Europa. Die Beschaffenheit der Radwege ändert sich ständig; mal fahre ich quer durch das Gebüsch, dann sind sie wieder komplett neu angelegt. Drum herum gibt es auch noch einiges zu entdecken.

Dann Tokio! Ich weiß nicht, über wie viele Brücken ich gefahren bin.

Es war strahlender Sonnenschein, Sonntag, und somit war einiges auf den Radwegen los, dafür auf den Straßen nicht so viel Verkehr. Tokio ist einfach eine fantastische Stadt. Viele Parks, Grünanlagen um die Tempel und Schreine, viele Flüsse mit Radwegen.

Und dann der Gegensatz zwischen der Moderne und den historischen Gebäuden – einfach sehr interessant.

Montag, der 14.10., war auch noch Feiertag, Sporttag. Die Parks waren mit Sporttreibenden bevölkert, die berühmten Sehenswürdigkeiten mit Touristen.

Dafür waren die Straßen leer. Ich konnte mit dem Fahrrad durch die ganze Stadt düsen, was nach den Menschenmengen richtig erholsam war.

An einem Tag konnte ich natürlich bei Weitem nicht alles sehen, aber vieles. Es hat mir dann auch gereicht.

Ausgeruht war ich jetzt immer noch nicht, aber mich erwartet ja noch eine Einladung, wo ich ein paar Nächte bleiben kann.

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