Von Bergen und Millionenstädten

Honshu Teil 2 

Von Tokio nach Yokosuka

Von Tokio fuhr ich die Küste entlang nach Yokosuka. Eine Großstadt folgte der anderen, und Tokio ging nahtlos in Yokohama über, der zweitgrößten Stadt Japans. Ich merkte den Unterschied: Yokohama war moderner und bot luxuriöse Geschäfte. Egal, ob du ein Porsche oder eine Cartier-Uhr kaufen möchtest, hier wirst du fündig.

Erst nach etwa 50 Kilometern fielen die Häuser niedriger aus, und ich fand mich in einer Region mit kleinen, charmanten Fischerhäfen wieder.

Yokosuka ist ein ganz anderes Japan. Hier sind rund 30.000 US-Amerikaner stationiert, was natürlich Einfluss auf die Atmosphäre hat.

Die Menschen scheinen offener. Ich verbrachte zwei erholsame Tage in Yokosuka und setzte meine Reise frisch gestärkt fort.

Richtung Mount Fuji im Regen

Am ersten Tag auf meiner Weiterfahrt stieß ich auf den zweitgrößten sitzenden Buddha in Kamakura.

Unglaublich, wie viel Verkehrschaos die vielen Touristen verursachen! Es war nett, ihn zu sehen, aber ich war sehr froh, als ich wieder weiterfahren konnte.

Der Campingplatz, den ich ursprünglich anvisiert hatte, war nicht zu finden. Es war schon spät, und es regnete immer wieder. Schließlich entdeckte ich ein kleines Stück Wiese zwischen Häusern, Straßen und Bahnschienen, wo ich unbemerkt mein Zelt aufschlagen konnte.

Am nächsten Tag (Samstag) ging es nach fast einer Woche endlich raus aus der dicht besiedelten Küstenregion in Richtung Mount Fuji.

Schon früh konnte ich den Vulkan sehen, doch leider zogen immer mehr Wolken auf, es begann zu regnen, und als ich schließlich auf meinem Campingplatz ankam, war vom Berg nichts mehr zu sehen.

Dank meiner Zeltnachbarin, die mich in ihrem Zelt bewirtete, war es trotz des Regens angenehm. Auch ein Besuch im Onsen war natürlich Pflicht. Danach schlief ich sofort ein.

Regen, Nebel und Umplanung

Am nächsten Morgen begann der Tag wieder mit Regen. Ich wartete bei Kaffee und Frühstück im Zelt meiner Nachbarin, Yoko. Es war dementsprechend spät, bis ich weiterfuhr. Ich kämpfte mich weiter bergauf, doch als ich bei 990 Metern Höhe nur noch 8 Grad hatte, total durchnässt war und dichter Nebel aufzog, entschloss ich mich, umzudisponieren. Ich nahm die nächste Abzweigung und fuhr nach Fujinomiya hinunter.

Durch Teeplantagen ging es einige Höhenmeter hinab. Es war deutlich wärmer, aber ich war immer noch komplett durchnässt. Nach einer Stunde in einem McDonald’s war mein Handy wieder aufgeladen, ich hatte eine neue Route auf meinem GPS, war halbwegs trocken, und die Sonne brach durch – bereit, ein Stück weiterzufahren.

Auf nach Nagano

Mein nächstes Ziel: Matsumoto, einer alten Stadt in den Bergen. Ja, wieder in die Berge. Und somit ging es wieder bergauf, auf einem schmalen Pfad durch den Wald.

Als ich den Verkehrslärm aus der Ferne hörte, wusste ich, dass ich diesem Trubel entkommen wollte. Ich zeltete an einem Platz mit wunderschöner Aussicht.

Am nächsten Morgen ging es zunächst einige hundert Meter hinab – nur um dann die gleiche Strecke wieder hochzufahren. Der Fuji blieb dabei lange in Sicht.

Matsumoto in der Provinz Nagano soll zu den schönsten Städten in Japan zählen soll. Die Strecke war bergig, und die Campingplätze waren immer seltener. Zum Glück konnte ich immer wieder in Parks zelten, nachdem ich um Erlaubnis gefragt hatte.

Der nächste Morgen war einfach wunderschön: Ich schlug mein Zelt auf und sah zu, wie die Sonne hinter dem Fuji aufging. 

Die Fahrt entlang des Kamanashi-Flusses war dank Rückenwind gut zu bewältigen.

Herausfordernd wurde es erst nach dem Suwa-See – ein steiler Anstieg.

Der letzte Abschnitt bis Matsumoto war dann wieder schön bergab.

Die Burg von Matsumoto

Das Wetter war besser als erwartet. Am Morgen noch etwas Nieselregen, doch später konnte ich die Stadt im Sonnenschein durchstreifen und die berühmte Matsumoto-Burg besichtigen.

Die Burg hat sechs Stockwerke, und die steilen Leitern zwischen den Etagen machten mir klar, wie fit die Samurai früher gewesen sein mussten.

Heute kletterten hunderte Touristen die gleichen Stufen.

Und noch mehr Berge bis an Biwa See

Wie immer halte ich es in solchen Touristenmetropolen nicht lange aus. Am nächsten Morgen begann ich den Tag mit einem sanften Anstieg, der mich durch Apfelplantagen bei Matsumoto und Shiojiri führte. In dieser Region wächst sogar Wein! Wieder einmal war ich dem Rückenwind sehr dankbar.

Kurz vor dem Pass erreichte ich die alte Poststadt Narai-Juku, die für Japaner von historischer Bedeutung ist.

Hier führt einer der bekanntesten Wanderwege über den Torii-Pass. Leider musste ich den Tunnel nehmen – 1,7 Kilometer lang. Der Radweg im Tunnel war so schmal und das Geländer so niedrig, dass ich nichts anderes tun konnte, als zu schieben. Sehr unangenehm. Ihr könnt Euch vorstellen, wie ich mich geärgert habe. 

Nach dem Tunnel brauchte ich zuerst mal eine Pause an einem Rastplatz, um mich abzureagieren. Es gab jedoch nichts zu essen für mich, also fuhr ich etwa fünf Kilometer weiter und hundert Höhenmeter tiefer zum nächsten Mini-Supermakrt. Dort bemerkte ich, dass ich oben meine Lenkertasche vergessen habe. In der sind meine ganzen Wertsachen drin: Geldbeutel, Reisepass, Smartphone… Wahrscheinlich war ich so wütend, dass ich es gar nicht bemerkt hatte.

Zuerst versuchte ich jemanden zu fragen, ob er nach oben fährt. Ohne Smartphone und Google Translate war das schwierig. Also versuchte ich es per Anhalter, was in Japan wohl nicht üblich ist. Schließlich stellte ich mein Gepäck vor den Konbini und düste die 5 Kilometer und mindestens 100 Höhenmeter hinauf. Und da stand die Tasche noch genauso, wie ich sie abgestellt hatte. Uff! Das ist Japan, hier nimmt Dir niemand etwas weg. 

Ich wollte endlich mal wieder auf einen Campingplatz, so richtig mit Dusche, also lagen noch einige Kilometer vor mir. Zum Glück keine Berge mehr. Kurz vor Einbruch der Dunkelheit kam ich an. Kein Mensch weit und breit. Hier muss man Campingplätze reservieren, was für jemanden ohne Japanischkenntnisse kaum möglich ist. Meistens weiß ich ohnehin nie genau, wo ich abends lande. Da es schon fast dunkel war, blieb ich. Natürlich kam niemand mehr vorbei.

Nach den Erlebnissen der letzten Tage habe ich beschlossen, die Campingplätze aufzugeben und stattdessen unterwegs für die körperliche Hygiene nach Onsen, den heißen Bädern, zu suchen.

Die nächste Strecke war größtenteils eher unspektakulär und führte meist entlang der Hauptstraße. Manchmal ging es jedoch durch alte Straßen mit Poststationen, und natürlich sah ich auch Tempel und Schreine. Irgendwann hat man diese allerdings alle mal gesehen.

Am Nachmittag passierte etwas, mit dem ich nicht gerechnet hatte: Eine Frau nahm mich von der Straße auf, als ich nach einem Zeltplatz suchte. Sie lud mich in den Garten ihrer Mutter ein – ein sicherer Platz zum Zelten.

Das Beste daran: Ich konnte dort auch duschen! Endlich ging es mir wieder richtig gut.

Die letzte Strecke zum Biwa-See war sehr schön und einfach.

Ein großer Teil führte am Kiso-Fluss entlang, auf wunderbaren Radwegen. Einmal ging es noch den Berg hoch, bevor ich dann den Fahrradweg am Biwa-See erreichte.

Es war Sonntag, und viele Radfahrer waren unterwegs. In Otsu war ich bei Barbara,einer Deutschen, eingeladen war.

Kurzer Abstecher nach Kyoto: Tempel und Touristen

Zwei wunderbare, erholsame Tage konnte ich dort verbringen. Das heißt, der erste Tag war noch nicht so erholsam. Ich wollte nach Kyoto, mit Fahrrad, allerdings natürlich ohne Gepäck. Die Stadt ist nur etwa 20 Kilometer von Otsu entfernt, natürlich wieder mit einigen Höhenmetern.

Ich muss ganz schön fit geworden sein. Es ist fantastisch welche Steigungen ich ohne Gepäck hoch komme. 

Ich weiß nicht wie viele Tempel es in Kyoto gibt, Touristen allerdings sicher noch mehr.

Ich dachte, der Feiertag in Tokio mit den überfüllten Sehenswürdigkeiten wären eine Ausnahme. Hier sah es nicht viel besser aus.

Beim To-ji Tempel bin ich gar nicht zu der 5-Stöckigen Pagoda durchgekommen. 

Weitaus besser war es am Ginkaku-ji. Der Park mit den Sandformationen ist sehr sehenswert. Überhaupt in dieser Jahreszeit, wo die Blätter der Bäume sich färben. 

Auf dem Fahrrad ist es dann wieder sehr erholsam, überhaupt auf der kleinen Straße durch den Wald. 

Der nächste Tag war dann wirklich erholsam. Es hat geregnet und ich durfte noch eine Nacht bei Barbara bleiben. 

Das (vorerst) Ende auf Honshu mit Osaka

Das letzte Stück auf Honshu zur Fähre nach Wakayama, war sehr kurz. Über das gibt es auch nicht viel zu erzählen. Von den 158 km waren gut 100 Kilometer durch städtisches Gebiet rund um Osaka. 

Der Keinawa-Radweg verläuft teilweise am Kizu-Fluss entlang bis nach Wakayama. Ich bin jedoch nur ein Stück davon gefahren, weil ich durch Osaka wollte. Mitten in der Stadt gibt es in einem Park einen kostenlosen Campingplatz, zu dem ich hin wollte. Man kann sich vorstellen, dass es mitten in einer Millionenstadt nicht gerade ruhig ist. Der Park war aber sehr schön und groß.

Es ist auf jeden Fall gut zu wissen, dass es so etwas gibt, falls man in Osaka ist und keine andere Bleibe findet. 

Ich war allerdings froh, als ich nach 50 Kilometern am nächsten Tag wieder das Gefühl hatte, aus der Stadt draußen zu sein.

Kurz vor Wakayama zeltete ich nochmal. Vor 5 Uhr bin ich aufgestanden, habe gefrühstückt und gehofft, dass es bald hell wird. Ich wollte die Fähre nach Tokushima/Shikoku bekommen. Mit dem ersten Tageslicht bin ich losgefahren. Das war prima! Entlang der Wakayama-Bucht im frühen Morgengrauen, alles noch so schön ruhig. Kurz nach 7 Uhr war ich am Fährhafen und eine Stunde später problemlos auf der Fähre.

Nächstes Mal geht es auf der weitaus kleineren Insel Shikoku weiter.

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