Shikoku: Eine beeindruckende Landschaften

Shikoku: Ein stürmischer Start und beeindruckende Landschaften

Meine Reise auf Shikoku begann mit einem echten Abenteuer: Ein Taifun zog auf! Kaum hatte ich die kleinste der vier japanischen Hauptinseln erreicht, fing es an zu regnen. Wie aus Kübeln, als ob Schleusen geöffnet worden wären, kam das Wasser herunter.

Radfahren? Absolut undenkbar bei diesem sintflutartigen Regen. Zum Glück hatte ich vorausschauend gebucht, wenn auch nur für eine Nacht in einem kleinen Budget-Hotel, bevor ich in das empfohlene Hostel wechseln konnte.

Regennachmittag in Tokushima

Mittags kam ich in Tokushima an und stand vor der Frage: Was tun bei solchem Wetter? Tokushima ist glücklicherweise eine größere Stadt mit schönen, weitläufigen Einkaufszentren, in denen man sich gut die Zeit vertreiben kann – wenn man mag. Ich suchte mir stattdessen ein Museum aus und hatte Glück: Das Awa Museum entpuppte sich als echter Volltreffer! Ohne es vorher zu wissen, hatte ich das für mich interessanteste Museum erwischt. Es dreht sich alles um den Awa Odori, einen traditionellen japanischen Tanz.

Im Museum konnte man sich sogar selbst beim Tanzen filmen und verschiedene Instrumente und Rhythmen ausprobieren. Das war wirklich witzig und unterhaltsam – so lässt sich ein verregneter Nachmittag wunderbar verbringen!

Am zweiten Tag nutzte ich die Regenpausen, um ins Hostel umzuziehen und ein paar Besorgungen zu erledigen. Als der Regen am Abend endlich nachließ, schlenderte ich durch die Stadt.

Ich hatte erwartet, dass kaum etwas los ist – und tatsächlich war es still, nur am  Okonomiyaki-Restaurant war einiges los.

Okonomiyaki sind eine Art japanischer Pfannkuchen, mit viel Kraut und vielen Eier anstatt viel Mehl. Sie werden direkt auf einer heißen Eisenplatte am Tisch zubereitet und sehen unglaublich lecker und gesund aus. Das musste ich natürlich probieren, und es war wirklich fantastisch!

Sonne, Rückenwind und Pilgerpfade

Nach dem entspannenden Ruhetagen war meine Motivation fürs Radfahren riesig! Es war einfach genial: Sonne, Rückenwind und sogar teilweise gut ausgebaute Radwege.

Zum krönenden Abschluss fand ich einen Campingplatz direkt am Strand – perfekt!

Hier auf Shikoku verläuft auch einer der bekanntesten Pilgerwege Japans, der Henro-Pilgerweg, der 88 Tempelstationen rund um die Insel miteinander verbindet. Die Pilger, meist ganz in Weiß und mit Strohhut gekleidet, sind überall unterwegs, weshalb es viele Rastplätze und Schutzhütten gibt.

Mit den Bergen im Hintergrund und dem malerischen Küstenstreifen ist die Landschaft hier einfach wunderschön. Es versprach, ein paar tolle Tage zu werden!

Entlang der dramatischen Küste

Ich radelte der Küste entlang weiter, die am Kap Muroto besonders dramatisch wird. Hier treffen zwei tektonische Platten aufeinander, wobei die eine unter die andere geschoben wird. Das führt zu Erdbeben und Vulkanausbrüchen, aber auch zu beeindruckenden Felsformationen über der Erde.

Heute, am 4. November, war wieder Feiertag. Normalerweise ist der Feiertag am 3. November, aber da dieser auf einen Sonntag fiel, wurde der „Tag der Kultur“ auf Montag verschoben.

Ich fuhr noch ein gutes Stück weiter und fand bei Aki am Strand einen wunderschönen Platz für mein Zelt. Auch wenn man sagt, dass man in Japan überall zelten kann, frage ich lieber einen Einheimischen um Erlaubnis. Zwar sah es so aus, als ob ich hier niemanden störe, hatte aber trotzdem ein ungutes Gefühl, weil niemand zum Fragen da war.

Am nächsten Tag kamen zwei ältere Männer vorbei und unterhielten sich sehr nett mit mir. Die beiden Herren machen morgens immer ihre Gymnastik am Strand. Da war mein ungutes Gefühl sofort verschwunden. Einer der Herren behauptete, er sei 89 Jahre alt – ich hätte ihn höchstens auf etwas über 70 geschätzt! Es ist unglaublich, wie jung und fit die älteren Menschen hier sind. Sein Freund war zwanzig Jahre jünger, und die beiden lachten viel und hatten ihren Spaß mit mir. So begann der Tag wunderbar, und es gab wieder einen fantastischen Sonnenaufgang.

Für die Suche nach einer Toilette und Wasser steuerte ich einen der „Konbinis“ an, die kleinen 24-Stunden-Supermärkte. Dafür musste ich meinen Radweg am Meer entlang verlassen.

Herausforderungen in der Stadt und am Berg

Leider wurde es danach etwas unangenehm. Ich kam in Kochi an, eine große Hafenstadt. Der Werktagsverkehr war mir nach der sonst so ruhigen und grünen Insel einfach zu viel. Ich war richtig froh, als ich wieder etwas Grün sah.

Doch leider war die Strecke am Meer entlang gesperrt. Obwohl es schon spät war, kurz vor der Dämmerung, die schon um 16 Uhr anfängt, nahm ich die Herausforderung an und fuhr über den Berg zum nächsten Michi-no-Eki (Raststätte mit lokalen Produkten). Kurz vor kompletter Dunkelheit schaffte ich es gerade noch. Wieder eine Herausforderung gemeistert!

Manche Radfahrer lieben es, an Michi-no-Eki zu zelten. Seit Covid ist das jedoch nicht mehr überall erlaubt. Für mich ist es meistens zu laut, daher schlage ich mein Zelt dort nur im Notfall auf.

Mit Rückenwind ging es zuerst bergauf (ich bin Shikoku im Uhrzeigersinn gefahren) und dann durch die Shimanto-Schlucht.

Es war einfach wieder herrlich, und das Wetter spielte auch mit. Statt „Konbinis“ gab es hier „Michi-no-Ekis“, wo ich traditionelles, regionales Essen bekam. Fragt mich nicht, wie es hieß – es war irgendetwas mit Reis und Huhn, aber sehr lecker!

Am Abend fand ich einen Campingplatz an einem Fluss, wo es sogar Duschen gab.

Im Gegensatz zum Vortag war es hier wunderbar ruhig – einfach eine Wiese am Fluss.

Entdeckungen und Gastfreundschaft

Weiter ging es über Berge zur Südwestküste.

Hier ist es wieder dichter besiedelt, und ich hatte Schwierigkeiten, einen geeigneten Zeltplatz zu finden. Am Rande einer Stadt, auf der einen Seite Wohnblocks und auf der anderen Seite ein kleiner Kanal, dahinter ein Berghang, fand ich eine kleine, ebene Fläche, die wie ein Parkplatz aussah. Weiter hinten konnte kein Auto parken, und dort stellte ich mein Zelt auf.

Tatsächlich kam später ein Auto und parkte direkt neben meinem Zelt. Sofort ging ich mit meinem „Joker“ (mein japanisches Schreiben, wer ich bin, woher ich komme, was ich mache, etc.) zum Auto. Es war eine Frau mit ihrer etwa 14-jährigen Tochter. Sie gab mir Zeichen, dass es in Ordnung sei, wenn ich dort zeltete. Da war ich schon erleichtert. Aber absolut überrascht war ich, als sie nochmals herauskam und mir ein riesiges Creme-Hefe-Teil brachte.

Vielen herzlichen Dank! Diese Freundlichkeit ist einfach unglaublich.

Meine nächste Station war Matsuyama, die größte Stadt der Insel. Viele hatten davon geschwärmt, aber Städte interessieren mich generell weniger, besonders wenn sie sehr touristisch sind. Ich ziehe die Natur vor.

Hier wollte ich mir hauptsächlich die Dogo Onsen ansehen, die angeblich die ältesten in Japan sein sollen, etwa 3000 Jahre alt.

Nun ja, das Gebäude ist sicherlich nicht so alt. Ich bin dann auch gar nicht hineingegangen, da mir die Wartezeit zu lang war.

Der nette, ruhige Campingplatz etwas außerhalb der Stadt gefiel mir schon besser. Es war einer der vielen kostenlosen Campingplätze, gelegen in einem großen Park an einem Fluss. Ich konnte mein Zelt an einem windgeschützten Platz aufschlagen. Es war Freitag, und ich wollte einen Ruhetag einlegen, obwohl mir bewusst war, dass dieser schöne Ort bei diesem schönen Wetter sicherlich nicht ruhig bleiben würde.

Am Samstag, meinem Ruhetag, war ich den ganzen Tag unterwegs: Wäsche waschen, einkaufen und ein Besuch in einer Onsen. Als ich zurückkam, hatten sich um mein Zelt herum andere Zelte ausgebreitet. Neben mir ein Zelt mit fünf Frauen. „Oh je, Schluss mit der Ruhe“, dachte ich. Aber ich war ja in Japan! Die Frauen hatten alles schön mit Lampen dekoriert und ein Feuer in einem Feuerkorb gemacht, wie es in Japan üblich ist. Es versteht sich von selbst, dass sie nicht mit dem Fahrrad unterwegs waren.

An meiner Nachtruhe hat sich nichts geändert. Japaner sind einfach ruhig. Außerdem ist es in Japan auch üblich, nur tagsüber zu zelten. Zum Schlafen gehen einige heim. Für mich nicht nachvollziehbar.

Der berühmte Shimanami-Radweg

Ausgeruht, mit frischen Kleidern und einem frisch geputzten und geölten Fahrrad startete ich am Sonntag in den letzten Teil meiner Shikoku-Erkundung. Obwohl Sonntag war, gab es viel Verkehr, aber zum Glück keine Lastwagen.

Am frühen Nachmittag erreichte ich Imabari. Hier beginnt die erste Brücke des Shimanami-Radwegs, wohl der berühmteste Fahrradweg Japans. Auf 70 Kilometern geht es über neun Brücken und sechs Inseln. Überall gibt es Fahrradverleihstationen, dementsprechend war viel los auf den Wegen und sowieso auf der Straße.

Es ist schon gigantisch, was sie dort für Radfahrer gebaut haben. Wie auf einer Wendeltreppe konnte ich selbst mit meinem Gepäck locker die 40 Meter hoch auf die Brücke fahren. Auf den Brücken gibt es einen breiten Fahrradweg, von dem man eine grandiose Sicht auf all die Inseln hat.

Auf einer winzigen Insel gleich am Anfang, Michikajima, gibt es einen Campingplatz – mein Platz für die Nacht.

Es waren noch ein paar andere Camper da, nur Männer, mit Fahrrad oder Moped, denn mit dem Auto kommt man nicht an diesen Ort. Allerdings, wie üblich in Japan, lässt man einander die Privatsphäre, man spricht nicht miteinander.

Am nächsten Tag fuhr ich noch zwei Inseln weiter, verließ dann aber die offizielle Route. Auf Omishima bin ich halb um die Insel gefahren. Es war so ruhig und friedlich. Die Inseln sind kaum bevölkert, daher gibt es so gut wie keinen Verkehr, nur auf den Brücken.

Von dort nahm ich die Fähre zu einer anderen Insel, von der aus ich über kleinere Brücken von einer Insel zur nächsten gelangte. Das war eine der schönsten Strecken für mich in Japan.

Dann war ich wieder auf Honshu, in dicht besiedeltem Gebiet, mit viel Verkehr.

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