Warum nicht mal Russland

Mit dem Fahrrad durch Russland ?!

Diesen Beitrag habe ich 2015 geschrieben. Seither hat sich einiges geändert!

Russland wider Willen

Auf meiner ersten Weltumradelung (2008 – 2010) wollte ich auf jeden Fall durch die Mongolei. Nun, es gibt nicht viele Möglichkeiten in das Land zu kommen, entweder durch China oder durch Russland, es wird von den beiden Ländern komplett eingekreist. Von Russland in die Mongolei gibt es zwei Grenzübergänge, von China gab es damals nur einen.

Für die Mongolei braucht man ein Visum, das frühestens drei Monate bevor man in das Land einreist, ausgestellt werden kann. Also musste ich es irgendwo unterwegs beantragen, denn in drei Monate von Deutschland in die Mongolei war mir zu viel.

Es gibt nicht viele Möglichkeiten auf dieser Strecke ein mongolisches Visum zu bekommen, nur Kiew, Moskau und Irkutsk. Die beiden ersten Städte wollte ich meiden, also blieb mir nichts anderes übrig, als quer durch Russland zu fahren und erst bei Irkutsk über die Grenze. Einerseits hatte das den Vorteil, dass ich den Baikalsee gesehen habe, andererseits der Gedanke tausende von Kilometern durch Russland zu fahren, war mir überhaupt nicht angenehm. Aber es sollte mal wieder ganz anders kommen.

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Visum/Einreise

Um nach Russland zu reisen (jetzt auch auf die Krim), braucht man ein Visum, das in Deutschland ausgestellt wurde. Ich glaube nicht, dass das sich in den letzten Jahren geändert hat. Man kann nicht unterwegs von einem russischen Konsulat z.B. in China oder Mongolei, ein Visum bekommen.

Das normale Touristenvisum ist für eine Aufenthalt für 30 Tage. Ca. 9000 km in 30 Tagen, dazu hatte ich absolut keine Lust. Es ist auch nicht mein Ding, für eine Strecke den Zug oder sonstige öffentliche Verkehrsmittel zu nehmen. Über das Internet setzte ich mit einem Radfahrer in Moskau in Verbindung. Er schickte mir eine Einladung, damit ich ein Geschäftsvisum beantragen konnte, ich dachte 6 Monate genügen, Vladimir meinte, ich solle gleich 1 Jahr beantragen, das mache keinen Unterschied. Als ich dann den Antrag stellte, wurde ich gefragt, ob ich schon einmal in Russland gewesen bin. Das war ich leider nicht, deswegen bekam ich nur ein 3 Monate Visum. 9000 km in 90 Tagen ist auch nicht gerade das, was ich favorisiere, aber machbar. Soweit ich gelesen habe bekommt man jetzt nur noch ein Geschäftsvisum für 90 Tage.

Das ganze war nicht ganz billig, die Preise werden sich sicher geändert haben, sicherlich nicht nach unten.

Die Einreise war absolut unproblematisch, vor allem im Vergleich was USA für ein Heckmeck veranstaltet. Das einzige was lästig war, ich musste mich innerhalb von drei Werktagen nach der Einreise registrieren lassen. In Großstädten ist das sicherlich kein Problem, wenn man allerdings mit dem Fahrrad durch kleinere Städte tingelt, dauert es ganz schön, bis man jemand findet, der sich dafür zuständig fühlt. Obwohl ich privat untergebracht war, habe ich in einem Hotel ein Zimmer gebucht, nur damit sie mir die Registrierung machen.

Ansonsten hatte ich absolut kein Problem mehr, auch nicht dass ich mit einem Geschäftsvisum unterwegs war. Wurde ich gefragt, was ich von Beruf sei, sagte ich „велосипеди́стка“ ( „Radfahrerin“ )

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Bevölkerung

In dem Ort, in dem ich mich zeitweise in Deutschland aufgehalten habe, lebten sehr viele Leute, die ihren Geburtsort in der ehemaligen Sowjetunion hatten. Ihr Ruf war nicht sehr gut. Ich hatte nur am Rande Kontakt mit ihnen.

Da ich schon lange in die Mongolei wollte und man nirgends mongolisch lernen kann, lernte ich russisch. Ehrlich gesagt, mit der Sprache konnte ich mich auch nicht anfreunden.

Wie schon erwähnt, der Gedanke ca. 9000 km durch Russland zu fahren stimmte mich nicht gerade heiter.

Dann stand ich vor der Grenze, alles war so einfach, ich wurde sehr freundlich behandelt, die Taschen wurden nicht durchsucht, ich wurde einfach auf die Fähre gewunken, die mich von der Krim nach Russland brachte. Auf der anderen Seite rief mir ein Zöllner zu: „Welcome in Russia.“ Das stimmte mich doch sehr optimistisch. Dieses Gefühl wurde immer mehr gestärkt. Die Russen sind ein warmherziges und gastfreundliches Volk. Wie so häufig, je ärmer sie sind, desto mehr bekommt man zum Essen. Oft wurde mir ein Bett angeboten, auch wenn im Haus nur ein Zimmer war. Selbst der Bürgermeister hat mich zu sich nach Hause genommen. Auch mit der Polizei hatte ich nie Probleme, im Gegenteil, sie waren immer sehr hilfsbereit. Die Verkehrspolizei, die sehr häufig am Straßenrand stand, kannte die besten Plätze zum Wildzelten.

Alkohol ist bekanntlich ein Problem, war es aber für mich nicht. Nur einmal schickte mich eine alte Frau aus einem Dorf fort, sie meinte, ich solle lieber weiter fahren, es wird hier zu viel getrunken. 

Und wieder musste ich mal wieder feststellen, Reisen ist das beste Mittel gegen Vorurteile.

 

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Strassen / Verkehr

Die Strassen waren weitgehend geteert, was nicht heißen soll, dass sie gut waren. Die Schlaglöcher wurden nur mit Kies gefüllt, wenn überhaupt, bis alles nur noch Kies war. Die schlechtesten Straßen sind die, die einmal welche waren. So schlimm kann ein Feldweg gar nie werden.

Trotzdem, ausser an langen Baustellen, wo alles nur noch Geröll war, kam ich gut durch.

 

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Essen

Vegetarier können in Schwierigkeiten kommen, da man meistens Fleisch vorgesetzt bekommt. Am besten gleich sagen, wenn man eingeladen wird, dass man kein Fleisch ist. Auch wenn man Borschtsch bestellt, vorher erkundigen, ob Fleisch drin ist. Es gibt unsäglich viele Varianten der Rotebeetesuppe, es ist manchmal eher ein Eintopf und somit auch mit Fleisch.

Selten habe ich so viel Kartoffelbrei gegessen, dazu Kraut oder Rüben. In den Städten bekommt man fast alles, auch die Amerikanischen FastFoodKetten sind dort vertreten.

 

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Geld

In größeren Städten kann man davon ausgehen, dass es einen ATM gibt. Mit der VISA Karte habe ich immer Geld bekommen.Viel braucht man nicht. Das kommt natürlich auch auf den Lebensstandard von einem selber an, Russland in den ländlichen Gebieten ist billig.

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Unterkunft

An der Strecke durch Sibirien gibt es immer wieder Fernfahrerunterkünfte, günstig und einfach. Campingplätze, zumindest so wie wir sie kennen, habe ich keine gesehen. Dafür sind die sibirischen Wälder herrlich zum Wildzelten geeignet, sieht man mal von den Zecken (s.u.) und Moskitos ab. Am besten Gleich ein Insektenschutzmittel zur Hand haben, bevor man in den Wald geht.

 

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Gefährliche Tiere

Kaum zu glauben, am gefährlichsten waren die Zecken.

Moskitos übertragen keine Krankheiten und nur einmal habe ich einen Wolf gesehen, der wollte aber nichts von mir. Am Baikalsee soll es Bären geben, man muss aber Glück (oder Pech) haben, wenn man einen sehen möchte.

Nur die Zecken haben mich erschaudern lassen. Es gibt sie überall, wenn man unter einen Baum oder hinter eine Hecke pinkelt, kann man davon ausgehen, dass man eine abbekommen hat. Wäre ja nicht weiter tragisch, wenn man nicht wüsste, dass jedes Jahr einige Leute an Krankheiten sterben, die von Zecken übertragen werden. Ob die unsere Schutzimpfung hilft, bin ich mir nicht sicher. Die Russen haben ein Gegenserum, wenn man Glück hat und in der Nähe einer grösseren Stadt ist, kann man die Zecke untersuchen lassen und gegebenenfalls ein Gegenserum bekommen. Ansonsten kann man nur hoffen! Es gibt auch harmlose Zecken. Ich hatte ungefähr 5 und bin nicht krank geworden.

 

Fazit

Die Politik und die Regelung für das Visum haben sich geändert, die herrliche Landschaft und die Leute mit Sicherheit nicht. Ich würde sofort wieder hin, das Land ist sehr zum Radreisen zu empfehlen.

Was sind Eure Erfahrungen?

2 Gedanken zu „Warum nicht mal Russland“

  1. Die Freundlichkeit der Russischen Bevölkerung ist sprichwörtlich und wiederspricht den Vorurteilen, die man hat, wenn einem nur die politischen Beitäge in den Medien bekannt sind.
    Vor 3 Jahren bin ich spontan der Einladung einer Moskauerin gefolgt, die ich auf einer Radtour in Uppsala kennengelernt habe. Nach 3 Tagen mit ihrer Begleitung habe ich Moskau auf eigene Faust erkundet und bin Anna’s (die russ. Freundin) Empfehlungen gefolgt. Ich habe mich gut zurecht gefunden, da ich mich stets auf die Hilfsbereitschaft der Russen verlassen konnte.
    Wir fuhren mit dem Zug auch zum Goldenen Dreieck, dem kulturellen Ursprung Russlands. Auch Zugfahren war ein besonderes Erlebnis. Dort waren wir mit dem Rad unterwegs und haben in der freien Natur (Mücken!!!) und bei Einheimischen übernachtet. So habe ich einen wunderbaren Einblick in den russischen Alltg und und in die Natur bekommen.

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    • Freut mich sehr, dass Du auch so gute Erfahrungen in Russland gemacht hast. Ja, die Mücken und auch Zecken können sehr lästig sein. Um ein Land richtig zu erkunden, ist das Fahrrad einfach geeignet. Wenn man dann noch die Möglichkeit hat, bei den Einheimischen zu übernachten, ist es nicht mehr zu übertreffen. Ich genieße es in Afrika auch sehr.

      Weiterhin viel Spaß beim Radfahren,
      Dorothee

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