„Rauf aufs Rad, raus aus dem Korsett“
Radfahren und Emanzipation
Zur gleichnamigen Vortragsreihe beim ADFC in Heidelberg
Anfänge des Frauenradfahrens in Deutschland
Letztes Jahr war das große Jubiläum – 200 Jahre Fahrrad, Dieses Jahr feiert man 100 Jahre Frauenwahlrecht.
Die ersten 60 bis 70 Jahre des Fahrrades waren fast ausschließlich eine Männerdomäne. Erst Ende des 19. Jahrhunderts, als das “Niederrad” entwickelt wurde, waren die ersten Frauen mit von der Partie.
Gesellschaftlich akzeptiert war es noch lange nicht, was hauptsächlich an der Kleidung lag. Sie mussten raus aus dem Korsett und die Röcke kürzen
Berliner Morgenpost, 21. August 1908
(Quelle: Staatsbibliothek Berlin )
Die erste deutsche Radfahrerin. Seit 25 Jahren war Frau Choralist Schneider eine treue Freundin des Rades. …. Im Jahre 1863 bestieg sie zum ersten Male das Rad…”Wir mussten wohl oder übel recht oft mit dem Straßengraben Bekanntschaft machen ..Kutscher schlugen mit der Peitsche nach mir .. Kinder hatten Schmutzklumpen aufgehäuft. “
Trotz allem fuhr sie weiterhin Fahrrad, um ihren kranken Vater zu besuchen. Er bestärkte sie in ihrem tun und erkannte damals schon: “Das Ding hat eine große Zukunft.
Von Godefroy Durand – http://www.magnoliabox.com/art/99845/Lambeth_Market, Gemeinfrei, Link
„Das Fahrrad befreite die Frauen aus der Enge des Hauses. Es führte sie aus der Stadt heraus auf das Land, in die frische Luft und die Natur.“ Dörthe Bleckmann
Frauen strampelten sich frei.
Wie wir alle wissen, ist Radfahren sehr gut für die Gesundheit. Es stärkt uns körperlich und somit auch seelisch.
Gesünder + Kräftiger = Selbstbewusster
( Altkreisblitz )
In die neu gegründeten Fahrradclubs der Damen konnten sie ohne Anstandsdame gehen. Das “Salon-Fahren” (Indoor) war den Frauen gestattet.
“…Das ist die unendliche Hoffnung, die Befreiung von den allzudrückenden Fesseln, über den Raum hinaus…” Emile Zola
Emanzipation der Frau
Hat das Fahrradfahren zur Emanzipation der Frau beigetragen?
Susan B. Anthony: „Ich denke, es hat mehr für die Emanzipation der Frau getan als irgendetwas anderes auf der Welt.“
Für Dörte Beckmann steht es allerdings nicht direkt in einem Zusammenhang. Auch wenn die Frauen sich beim Radfahren “emanzipierten” und Hosen trugen, so wechselten sie sehr schnell die Kleidung, wenn sie abgestiegen waren. Und erfüllten wieder die gesellschaftlichen Pflichten. Wenigstens am Anfang.
In einem können wir uns einig sein: wir haben unseren Vorkämpferinnen sehr viel zu verdanken.
Frauen – Solo – Radreisen
im Juni 1894 startete Annie Londonderry in Boston als erste Frau, um mit dem Fahrrad um die Welt zu fahren. Im September 1895 erreichte sie Chicago als Zielort. Grund für diese Fahrt soll eine Wette gewesen sein.
Auch wenn von den Geschichten dieser Reise nicht alles der Wahrheit entspricht, war es doch spektakulär und eine absolut mutige Hochleistung.
Wie viele Frauen nach Annie Londonderry kamen, weiß man nicht. In der Zeit vor dem Internet waren, vor allem die Frauen, nicht so sehr an der Öffentlichkeit interessiert.
Dervla Murphy ( travelbooks )
Deswegen sollten wir Dervla Murphy, Bettina Selby, Anne Mustoe und sicherlich vielen mehr, dankbar sein, dass sie ihre Reisen in Bücher niederschrieben und somit unsere großen Vorbilder wurden.
Über eine deutsche Frau, die in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Welt umrundete ist mir nichts bekannt. Es ist aber erfreulich zu sehen, wie viele allein reisende Frauen, jung und etwas älter, heutzutage unterwegs sind.
Falls Du in der Nähe von Heidelberg wohnst, dann komm doch vorbei: “Rauf aufs Rad, raus aus dem Korsett”