Die letzten Tage in Japan – auf Honshu

Die letzten Tage in Japan – auf Honshu

Nach meiner Rückkehr auf Honshu fand ich mich in einem dicht besiedelten Gebiet mit viel Verkehr wieder. An meinem Vorderradgepäckträger hatte ich eine Schraube verloren. Üblicherweise führe ich Ersatzschrauben mit mir, doch für diese relativ kurze Tour 😉 hatte ich sie nicht dabei.

Da ich mich wieder in einem besiedelten Gebiet befand, fand ich im nächsten Dorf schnell einen Fahrradreparatur-Shop. Der winzige Laden, der ausschließlich für Reparaturen und nicht für den Verkauf von Fahrrädern bestimmt war, ging in einem absoluten Chaos unter. Alte Teile und Werkzeuge lagen hauptsächlich auf dem Boden. Ich wartete draußen, bis ein sehr alter Mann herauskam. Er schien ebenso erstaunt wie ich. Die Verständigung funktionierte gut, ich musste ihm lediglich zeigen, wo die Schraube fehlte. Erstaunlicherweise schien er sich in dem Chaos zurechtzufinden. Sofort kam er mit der passenden Schraube zurück. Ich konnte gerade noch verhindern, dass er die Schraube mit einem Akkuschrauber eindrehte, was das Gewinde im Rahmen hätte beschädigen können.

Für die nächste Schraube benötigte ich einen Abstandhalter. Die Kommunikation gestaltete sich hier schwieriger. Er verschwand erneut im Laden und kehrte mit einer Mutter in passender Größe und Dicke zurück. Eine pragmatische Lösung. Da er kein Geld für seine Hilfe annehmen wollte, erhielt er einen meiner „women’s cycling guide“-Aufkleber. Stolz klebte er ihn sofort auf seinen Briefkasten.

Unerwartete Gastfreundschaft

Am Abend fragte ich am Rande einer Stadt, auf einem Berg bei einem Sportplatz, einen älteren Mann mithilfe meines „Jokers“ (ihr erinnert Euch? Mein japanisches Schreiben über mich), ob ich dort zelten dürfe. Er verneinte, signalisierte mir jedoch, zu warten. Er telefonierte, danach packte er seine Sachen zusammen und führte mich zum Ende der Siedlung und über kleinste Pfade durch Felder, teilweise mit Stufen. Ohne seine Hilfe wäre ich auf dem Weg nicht weitergekommen. Ich hatte keine Ahnung, wohin er mich führte. Schließlich erreichten wir Häuser, die keinen direkten Straßenzugang hatten. Eines davon war sein Haus. Seine Frau kam ebenfalls gerade heim; ich nehme an, sie war es, die er zuvor angerufen hatte.

Die beiden bereiteten mir sofort ein Bett vor. Ich meinte (dank Google Translate), dass ich eine Isomatte und einen Schlafsack bei mir hätte. Sie winkte jedoch ab und holte Futon und Decken aus dem Schrank. Anschließend wurde das Abendessen zubereitet.

Glücklicherweise wurde ich zuvor gefragt, was ich nicht esse. Shrimps oder andere Meeresfrüchte kann ich beim besten Willen nicht zu mir nehmen. Während des Essens unterhielten wir uns dank Google Translate sehr gut, es war sehr interessant. Es war ein Abend, wie ich ihn mir zu Beginn der Reise nie hätte vorstellen können.

Der Morgen danach: Japanisches Frühstück und neue Energie

Leider kann ich in geschlossenen Räumen nicht mehr richtig schlafen, oder vielleicht lag es am Tee. Trotzdem fühlte ich mich ausgeruht und war nach dem japanischen Frühstück gut gestärkt. Dabei hatte ich nicht einmal meinen Kaffee, sondern Matcha-Tee. Zum Essen gab es keine Haferflocken, sondern Miso-Suppe, Reis mit Gemüse, Tofu und etwas, das an einen süßen Eierstich erinnerte. Alles, was übrigblieb, packten sie mir ein und verstauten es direkt in meinen Taschen, mitsamt Energy-Drinks. Eine unglaubliche Gastfreundschaft und eine gute Grundlage für den bevorstehenden Tag.

Hiroshima: Eine Stadt der Erinnerung

Die Reise führte weiter durch städtisches Gebiet mit viel Verkehr. Gelegentlich konnte ich auf Nebenstraßen ausweichen. Zuerst erreichte ich Hiroshima, heute eine Hafenstadt mit über einer Million Einwohnern.

Von der Strahlenbelastung des Atombombenabwurfs ist 80 Jahre danach nicht mehr viel messbar. Obwohl ich normalerweise große Städte und Touristenattraktionen meide, wollte ich hier zumindest den Friedenspark mit seinen Denkmälern besichtigen.

Der Park ist wirklich beeindruckend. Viele Besucher versuchten, vom gleichen Punkt aus ein Foto durch das Denkmal für die verstorbenen Opfer auf die Flamme des Friedens zu machen. Es entstand ein regelrechtes Gerangel, was für japanische Verhältnisse untypisch ist. Von diesem Ort gibt es von mir kein Foto. Es waren nicht nur Touristen, sondern auch Schulklassen im Park.

Die Kinder sangen vor dem Kinder-Friedens-Monument ein Lied. Besonders beeindruckend war das Friedensdenkmal, der Dom, der nach dem Atombombenabwurf stehen gelassen wurde. Der Abwurf jährt sich dieses Jahr zum 80. Mal.

Abschied von Japan: Miyajima und rote Ampeln

Anschließend zog es mich schnell weiter – zur nächsten Touristenattraktion. Ich fragte mich, warum ich mir das eigentlich antue. Auf dem Plan stand der berühmte „Schrein im Wasser“ auf Miyajima.

Zunächst hieß es, ich könne auf der Insel zelten. Leider wurde der Zeltplatz jedoch komplett zerstört und ist geschlossen. Auch hier gab es unglaublich viele Touristen und Schulklassen. Mein Fahrrad musste ich am Hafen stehen lassen; durch die engen Gassen mit all den Menschen wäre ich ohnehin nicht gekommen. Eine halbe Stunde später stand ich wieder am Hafen.

Die letzten zwei Tage bis Shimonoseki, dem Fährhafen nach Busan (Südkorea), verliefen wie gewohnt: teils wunderschön am Meer entlang, teils auf stark befahrenen Straßen. Was ich auf keinen Fall vermissen werde, sind die roten Ampeln. Ich sage mir immer: „Bleib ruhig, es bringt nichts, sich aufzuregen; das interessiert niemanden“. Kein Japaner zeigt öffentlich Gefühle, sie nehmen alles gelassen hin. Ich habe sogar schon angefangen, Dehnübungen zu machen und jedes Mal mindestens einen Schluck zu trinken. Doch nach der fünften roten Ampel innerhalb von 500 Metern war meine Gelassenheit am Ende.

Am Freitagabend ging meine Fähre. Ich hatte eine Frauenkabine gebucht; acht Frauen passen in den Raum, der nur mit dünnen Matratzen ausgelegt ist. Eigentlich hatte ich vor, vorher noch ein Onsen aufzusuchen, um mich richtig zu waschen. Leider kam ich nicht mehr dazu. Wie groß war da die Freude und mein Erstaunen, dass es auch auf der Fähre Onsen gab! Zum Glück entdeckte ich sie sofort und ging hinein, bevor alle Leute an Bord waren und das Onsen voll war. Die Onsen werde ich in Südkorea vermissen.

Nach 2,5 Monaten in Japan bin ich gespannt auf ein neues Land. Das nächste Mal erfahrt ihr dann, wie es in Südkorea weiterging.

Falls ihr Fragen zu meinen Reisen in Japan habt, schreibt sie gerne in die Kommentare!

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