Damals: 1974 auf Osttour mit dem Fahrrad
Ein weiterer „Damals-“ Auto hat sich gemeldet. Gundolf Schmidt ist in den 80er Jahren im Osten, sowohl it dem Fahrrad, als auch mit dem Tandem gefahren.
Beitrag und Fotos kommen von Gundolf Schmidt, vielen Dank
Ich heiße Gundolf Schmidt, bin 55 Jahre und seit 1975 unterwegs auf den Straßen.
Angefangen hat meine Radfahrleidenschaft ganz unspektakulär. Als Vierzehnjähriger wollte ich natürlich auch ein Moped besitzen, doch leider hatte ich weder das Geld noch die Möglichkeit eins egal ob Schwalbe oder Java zu erwerben.
Es war im Osten Deutschlands nicht so einfach möglich, etwas Fahrbares mit PS zu kaufen. Meinen Freunden ging es ebenso, was lag näher als den guten alten Drahtesel Marke Mifa für die Fahrten zur Disko und Konzerten zu nutzen. Das war im Jahre 1974 gewesen. Ein Jahr später bekam mein Freund ein Tandem Marke Eigenbau geschenkt, dieses wurde für 15 Jahre mein Begleiter auf kleinen und großen Touren. Schon 1975 unternahmen wir eine Fahrt Richtung Westen, der aber an der Havel lag, da ich am Rande des Spreewalds zu Hause war. Die 120 Kilometer fuhren wir einfach, wie wir Lust hatten. Gegessen wurde im Konsum und geschlafen wurde im Wald unter Zeltplanen. Das Geld hatten wir vorher in einer dreiwöchigen Ferienarbeit verdient. Eindrücklich blieb die Fahrt auch, weil der Westempfang immer besser wurde. Damals nahmen wir unsere Hits noch per Mitschnitt auf. Das ging am besten auf hohen Bäumen.
1976 besuchte meine Schule die polnische Partnerschule und es kam wie es kommen musste, ich verliebte mich in eine hübsche polnische Schönheit mit langen braunen Haaren namens Marzenna. Leider war die Trautsamkeit nach einer Woche zu Ende. Was tun, wenn ich die Sehnsucht stillen wollte. Mein Tandempartner fragte ich, ob er Lust hat, mich in den Osten zu begleiten. Er hatte Lust. Ohne Adresse, ohne Karte fuhren wir mit zwei Wolldecken und Getreidesäcken los. Das Tandem war mehr kaputt als ganz, aber immer wurde uns geholfen. Meine ersten guten Eindrücke von Polen halten bis heute. Ich bin jedes Jahr mehrmals in Polen, nicht immer mit dem Rad, aber immer wieder ist Polen eine Reise wert. Wir fanden meine polnische Schönheit und es wurden zwei schöne Wochen.
Ein Jahr später ging es auf ganz große Osttour, die Tschechoslowakei und Polen waren meine erste richtig geplante Fahrradtour über 1000 Kilometer. In diese zwei Länder konnten wir DDR-Bürger ohne Visa und Zwangsumtausch einreisen. Selbstverständlich wurden wir gefilzt, aber was will man schon bei uns finden. Wir hatten ja fast nichts. Brno und Wroclaw einschließlich eines Kurzbesuchs bei Marzenna waren unser Ziel, wir fuhren 4 Wochen durch die Bruderstaaten ohne große Probleme. 1978 folgte noch eine Tour in den Böhmerwald.
Die Armeezeit beendete erst einmal meine Radabenteuer.
Aber 1980 ging es wieder los. Das Tandem lebte immer noch und auch mein Reisepartner hatte immer noch Lust. Leider war nun auch die Ostgrenze für uns tabu, da ja nun die Solidarität in Polen für Unruhe sorgte. Kap Arkona war dann unser Ziel, welches wir auch erreichten. Eine kleine Panne am Tretlager führte aber in der DDR zu einem großen Problem, denn es gab keine Ersatzteile. Ende der Fahrt.
Mit viel Mühe ging es mit der Deutschen Reichsbahn nach Hause.
1982 fuhr ich mit einem anderen Freund die Westgrenze immer an der Mauer lang hoch bis zur Lübecker Bucht, natürlich blieben wir auf der Ostseit, seine Oma sorgte für uns. Über Berlin ging es heimwärts.
Auch hier hatten wir keine Lust auf den Westen. Wir waren brave DDR Jugendliche, die mit der DDR zufrieden waren.
Bis zu dieser Tour hatte ich noch kein Hotel oder Jugendherberge von innen gesehen. Der Wald war immer unser. Eine kleine Spritztour nach Karlovy Vary führte uns noch einmal in die Tschechoslowakei. Meine erste echte Bergfahrt über den Kamm des Erzgebirges war unvergesslich.
Mit 23 hatte ich geheiratet und selbst meine Ehefrau Michaela wollte gern mit dem Tandem eine Tour unternehmen. Gesagt, getan, ein Zelt borgte ich mir aus, Schlafsäcke hatte uns jemand besorgt und auch ein Jugendherbergsausweis hatte ich dank meiner Schule. So befuhren wir den Süden der Republik. Der Westen war immer noch kein lohnenswertes Ziel, unsere Traumziele lagen im Osten. Die Geburt meines Sohnes brachte dann das Ende meiner Jugendfahrten.
Wir hatten schon eine Altmark Rundfahrt geplant. Nach 29 Jahren wurde 2015der Plan in die Tat umgesetzt. Bis ins Jahr 2003 fuhr ich fast nur Auto. Ein Unfall veränderte wieder alles. Das Fahrrad war auf einmal wieder auf Platz Eins der Reisefortbewegungsmittel. Nun hatten wir ja ganz andere Möglichkeiten, was Ausrüstung und Ziele angehen. Eine neue Radfahrgeschichte begann. Siehe www.europa-erfahren.de oder http://donauerfahren.com/
Große Geschichte, Tolle Fotos.
Entschuldige bitte die späte Antwort, der Kommentar ist irgendwie im Spam-Ordner gelandet.
Vielen Dank