Mali: Die große Überraschung
Westafrika zu beradeln ist in Zeiten von Ebola und Boko Haram nicht ganz einfach. Die Grenzen Richtung Elfenbeinküste waren immer noch geschlossen. Der einzige Weg wieder raus aus Guinea, da ich nicht fliegen wollte, war Mali. Allerdings war das Land zu oft wegen Boko Haram in den Schlagzeilen. Erst eine Woche zuvor waren sieben UN-Soldaten aus Togo bei einem Anschlag ums Leben gekommen.
Ich hatte allerdings schon einige Reisende getroffen, die problemlos durch Mali gekommen sind. Auch aktuellen Berichten zufolge, sollte es südlich von Bamako, der Hauptstadt, nicht gefährlich sein. Also los – schließlich bin ich schon durch andere nicht ganz sichere Länder geradelt und was ist heute schon noch ganz sicher.
Und wieder stand ich an der Grenze zu Mali. Der Vorteil, dass es jetzt sechs Wochen später ist, ist, es ist nun Regenzeit. Die Temperaturen sind wesentlich angenehmer und alles ist fantastisch grün. Der Nachteil: es ist Anfang von Ramadan. Bisher war es ja kein Problem, aber in Mali?
Da das Ende von Guinea nicht sehr angenehm war, bin ich am Spätnachmittag noch über die Grenze, in der Hoffnung, dort was zum Übernachten zu finden.
Die Grenzbeamte waren äußerst freundlich, nicht so wie beim letzten Mal. Diesmal hatte ich ja auch mein Visum. Einer sprach sogar Deutsch, das man im Gymnasium als Fremdsprache wählen kann.
Auf meine Frage, wo ich hier zelten könnte, meinten sie, in acht Kilometer käme ein „Gesundheits-Checkpoint“. Dort könne ich mein Zelt aufstellen. Das passte.
Im Vergleich zum Ende von Guinea war der Anfang von Mali traumhaft. Leere Straßen, alles ruhig und grün, nur Vögel zwitscherten und natürlich war um diese Zeit wieder schönstes Abendlicht.
Es ist erstaunlich wie sich das Aussehen der Leute ändert. Man sieht wieder sehr lange Menschen, wie in Senegal, Tuaregs mit ihren blauen Tüchern, Leute mit Rasta-Zöpfchen, nur keine Weißen.
Der „Gesundheits-Checkpoint“ war nicht zu übersehen. Wahrscheinlich war hier mehr los, als Ebola noch eine richtige Gefahr war. Jetzt hatte der Pfleger nicht mehr viel zu tun.
Mein Zelt durfte ich vor dem Unicef Zelt aufstellen, das eh nicht benutzt wurde.
Dass es direkt neben der Straße war, war mir hier egal. Da kam kaum mehr ein Auto. Auch die Leute, die hier wohnten, ließen mich in Ruhe, keiner kam und bettelte mich an. Auch hier kein „Donnez-moi…“.
Mit Freuden stellte ich am nächsten Tag fest, dass der Markt in den Dörfern trotz des Ramadans ganz normal stattfindet.
Auch hier ist bei Weitem nicht jeder Moslem. Sogar meine Erdnussbutter gab es. Außerdem Wasser, Mangos, Avocados und hartgekochte Eier. Auch hier musste ich nicht darben.
Die Ausgelassenheit der Bevölkerung hat mich die Gefahr im Lande bald vergessen lassen und ich genoss es immer mehr.
Auch hier müssen Mädchen schon viel arbeiten.
Auf einmal wurde sehr touristisch, wie es seit Senegal nicht mehr der Fall war. In Sibi gab es massenweise Guesthouses, Hotels und Tour-Agenturen. Der Grund konnte sich auch sehen lassen.
Die schönsten Felsen,
die spektakulärste Landschaft
seit Marokko.
In der Stadt hielt mich aber nichts.
Je später der Nachmittag, desto roter die Felsen.
Schließlich fand ich ein fantastisches Plätzchen zum Zelten.
Auf meinem Weg in die Hauptstadt ist mir eine Hundertschaft von Infanteristen begegnet. Alle mit kugelsicherer Weste und viele mit Maschinengewehr. Unglaublich viele, die mir da entgegen gekommen sind, ja, wahrscheinlich 100. Auch Frauen waren darunter. Es war wahrscheinlich nur eine Übung. Die Meisten der Soldaten waren guter Dinge und haben sich an den Früchten am Wegesrand erfrischt.
Trotzdem, eine Übung ist immer eine Übung für den richtigen Einsatz. Ein Zeichen, dass in dem Land doch nicht alles so in Ordnung ist, wie es den Eindruck macht.
Die Hauptstadt Bamako war die große Überraschung
Von all den afrikanischen Hauptstädten bisher war es die sauberste, grünste und unchaotischste Stadt. So wie der Niger durch die Stadt fließt,
floss auch der Verkehr (wenigstens in den meisten Straßen)
Ich fragte mich, warum hier nicht das ewige Chaos an jeder Kreuzung ist, wie in Dakar und Conakry. Dann fiel mir auf, es gibt Ampeln! – die sogar funktionieren, denn es gibt Strom!
(anscheinend gibt es auch hier Ausfälle, mir ist aber nie etwas aufgefallen)
Ich wollte in das „Sleeping Camel“, der Treffpunkt für Reisende. Zum Glück hatte ich die Koordinaten dieser Unterkunft. Die Straße gleich hinter der Deutschen Botschaft fand ich sofort. Aber ich fand kein Schild, kein Zeichen, nichts. Da ich erst mit dem Zuständigen E-Mail Kontakt hatte, wusste ich, dass es noch irgendwo hier sein musste.
Dann rief mich ein Wachmann zu sich und öffnete mir das Tor, durch das ich hinter die hohen Mauern kam. Da war es, das „Sleeping Camel“. Als Vorsichtsmaßnahme wurden sämtliche Hinweisschilder entfernt, dafür Wachposten aufgestellt. Zu Fuß kam man nur durch eine Schleuse rein.
Der Wachposten außen rief den Wachposten innen an, der drückte einen Knopf, dass die äußere Tür aufging. Wenn die Person in der Schleuse war und die Außentür zu, wurde die Tür nach innen geöffnet. Sag mir noch einer, in diesem Land sei alles problemlos. Warum macht man wohl sonst diesen Aufwand?
Zur Mittagszeit und am Abend, überhaupt wenn Deutschland oder England spielte (Euro-2016) war die Bude voll. Dieses Hostel ist anscheinend bei allen europäischen Immigranten sehr beliebt.
Darum wäre es auch ein Ziel für einen Anschlag, überhaupt mit der Deutschen Botschaft gleich daneben, die wie ein Hochsicherheitstrakt mit Nato-Zaun gesichert ist. Ich poste hier jetzt kein Foto. Auf den Außenseiten der Botschaft sind überall „Fotografieren verboten“ Schilder angebracht.
Fünf Tage war ich dann wieder auf der „Botschafts-Tour“ um meine Visa einzusammeln. Und natürlich beim DHL Office wegen meiner Kreditkarte.
Noch bevor ich in Bamako war, bekam von dem DHL Büro eine Nachricht, dass ich Post abholen kann. Gleich am Montag morgen holte ich mir den PIN-Code für die neue Kreditkarte ab. Daraufhin schickte die Bank die Kreditkarte los. Am Mittwoch morgen war die Karte da. WOW! und ich warte zwei Wochen in Conakry auf die Karte (sie ist übrigens bis heute nicht angekommen).
Das Burkina Faso Visum war kein Problem. Das hatte ich in ein paar Stunden. Der Besuch auf der Botschaft von Ghana war hier viel angenehmer als in Conakry. Man ließ mit sich reden.
Normalerweise bekommt man nur im Land mit Wohnsitz das Visum für Ghana. Da ich aber schon sechs Monate aus Deutschland war und man frühestens drei Monate bevor man in das Land reist, das Visum bekommt, war es mir nicht möglich es in Deutschland zu besorgen.
Eine Einladung von einer Organisation in Ghana hatte ich mir inzwischen auch besorgt. Dann musste ich nur noch einen handschriftlichen Brief abgeben, in dem ich nochmals erklärte, warum ich das Visum möchte. Am nächsten Tag konnte ich es dann abholen. Das war mir schon Glückes genug, zwei Visa und eine neue Kreditkarte.
Dann meinte Reuben, der einzige Reisende im Hostel außer mir – mit Motorrad unterwegs – er gehe noch zu den Nigerianern. Hier soll man anscheinend am Besten das Visum bekommen. Da bin ich doch glatt mit und füllte auch den Antrag aus, und bekam auch das Visum.
Bamako war somit das volle Erfolgserlebnis.
Am Samstagvormittag konnte ich Bamako Richtung Süden verlassen.
Der Norden, das Dogon-Land hätte mich auch interessiert, nur mute ich meinen Schutzengeln schon genug zu.
Lieber auf dem schnellsten Wege nach Burkina Faso, vorbei an endlich wieder vollen Flüssen.
Tier und Mensch freuten sich sehr. In Bamako hatte ich zwei harmlose Schauer abbekommen. Auf dem Fahrrad schien wieder die Sonne,
Die Straßen waren fantastisch, der Verkehr sehr erträglich, die Temperaturen genau richtig, einfach ideal zum Radfahren.
Nur so mit einem Pass voll neuer Visa und der neuen Visa-Kreditkarte – wäre sehr ärgerlich gewesen, wenn all das jetzt gestohlen werden würde. So vor mich hin sinnierend, wie ich meine Schätze verstecken könne, kam auf einmal ein junger Mann hinter mir her gerannt und brachte mir meine Sonnenbrille. Die muss ich irgendwo liegen gelassen haben. Und ich mache mir Gedanken, dass mir was gestohlen wird.
Nach Bougouri war eine Zahlstelle Danach waren fast nur noch Mopeds und Radfahrer unterwegs. Zwei, drei Reisebusse und natürlich die riesigen Jeeps der Hilfsorganisationen, vorne dran die UN, die mit Höchstgeschwindigkeit durch die Dörfer düsten.
Die Bevölkerung wohnt in Rundhütten, wie in Guinea, nur haben diese ein spitzes Dach auf.
Abends steuerte ich gerne ein „Centre de Sante“ an.
Hinter diesen Mauern fühlte ich mich sicher, hatte ein Dach unter dem ich mein Zelt aufstellen konnte, und falls ich morgens mit Malaria aufgewacht wäre, wäre ich gleich in den besten Händen gewesen. Es hat allerdings nicht geregnet und ich blieb gesund.
Der Arzt, meist ist es nur ein einziger, schien 7*24 Stunden „Dienst“ zu haben. Sie waren immer zur Stelle, auch wenn nachts das Telefon klingelte. Bei einem Centre wohnte die Ärztin nebenan, verkaufte, nachdem das Krankenhaus offiziell geschlossen hatte, Essen vor ihrem Haus. Morgens vor sechs Uhr stand sie auf einmal im Unterrock da, um den ersten Notfall-Patienten zu versorgen. Am Abend zuvor meinte sie, sie finge um acht Uhr an.
Um die Gesundheit zu fördern, sind einige Organisation dabei den Hygiene-Standard zu verbessern.
Je weiter es Richtung Osten ging, desto hügeliger wurde es.
Hier war sogar direkt Verkehr, normalerweise sind die Straßen leer. Dank des Rückenwindes kam ich trotzdem gut voran und war erträglich.
Es war einfach fantastisch, Ich fand ruhige schattige Plätzchen für eine Pause, und die waren dann auch für die nächste Stunde ruhig.
Ab und zu schaute jemand vorbei, ging dann aber auch wieder.
Hier braucht man sich keine Gedanken über Fahrrad-Kindersitz vorne oder hinten, oder Anhänger zu machen. Einfach wie üblich ins Tuch eingewickelt und los.
Dann traf ich meinen ersten Reiseradler seit Marokko: Adil aus Marokko
der wahre „Abenteuer-Radler“. Allerdings war er gerade von Malaria geschwächt. Er wollte über Niger in den Tschad. Da ließ ich ihn doch lieber alleine fahren.
Bevor es zur letzten Etappe in Mali ging, machte ich nur in Sikasso wenigstens einen halben Tag Pause.
Es blieb weiterhin hügelig und grün, wie gehabt, nur kam der Verkehr total zum Erliegen.
Wenn sich die Probleme im Land gelöst haben, ist Mali sicher ein fantastisches Radreiseland. Solange das auswärtige Amt noch davor warnt, möchte ich lieber nicht direkt dazu raten.
Die Jahreszeit, Anfang der Regenzeit, im Juni, war auch optimal. Es war nicht mehr so heiß und alles so schön grün. Natürlich ist auch die Mangozeit genial.
Insgesamt war ich leider nur zwölf Tage im Land und bin 666 Kilometer gefahren.
Wie es in Burkina Faso weiter ging kommt das nächste Mal.
und wie immer Freue ich mich über Kommentare