Malawi – das warme Herz von Afrika


Malawi, das warme Herz von Afrika

Endlich! Vor ungefähr dreißig Jahren war ich als Backpacker in Kenia. Damals zeigte man mir Fotos von Malawi. Seither stand das Land ganz oben auf meiner Wunschliste. Irgendwie kam immer ein anderes Land dazwischen. Ich musste zweimal um die Welt radeln und halb um Afrika, bis ich endlich in das Land meiner Träume kam.

Ist es nun immer noch mein Traumland, nachdem ich es vom südlichsten bis nördlichsten Zipfel befahren habe?

So abgeschieden wie es in Mosambik aufgehört hat, ging es in Malawi weiter. Nach etwa vier Kilometern kam tatsächlich ein Grenzposten. Es war gerade Mittagszeit. Der Immigration-Officer war trotzdem sofort zur Stelle. Wieder einmal war alles problemlos. Ich fragte ihn, ob ich das Visum auch hier bekommen hätte? Nein, meinte er, sie seien noch nicht soweit. Vielleicht in ein paar Wochen. Uff, da hatte ich doch gut daran getan, mir das Visum gleich in Maputo zu besorgen. Die 25 US-Dollar extra waren gut investiert.

Er meinte, ich solle auf den Zoll warten. Ich wusste, dass die nichts von mir wollen, da ich nur ein Fahrrad habe. Aber da ich eh eine Pause machen wollte, war es mir egal.

Kurz darauf kam er wieder, entschuldigte sich, meinte es sei alles in Ordnung und dass ich weiterfahren könne. Anscheinend kam hier noch nie jemand mit dem Fahrrad über die Grenze.

Das Tal des Sambesis ist hier sehr breit. Noch einen ganzen Tag hatte ich es schön eben. Dann ging es aber ruckzuck von etwa siebzig Höhenmeter auf tausend Höhenmeter nach Blantyre.
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Ich hatte einen wunderbaren Blick über das ganze Tal.
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Langsam wurde mir klar, was mich hier erwartete: überall nur Berge.

Blantyre ist eine der ältesten Städte. Sie wurde nach der Geburtsstadt David Livingstones benannt. Wegen der Höhe hat sie ein sehr angenehmes Klima. Deswegen haben sich hier sehr viele Europäer niedergelassen. Es ist die zweitgrößte Stadt Malawis und zugleich das Handelszentrum.
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St Michael and All Angels Church ist sicherlich eines der berühmtesten Monumente. Hier konnte sich Ende des 19. Jahrhunderts ein Klerikaler ohne architektonische Vorkenntnisse einmal so richtig austoben.

Weiter ging es über die Berge. In Malawi ist man als Radfahrer niemals alleine. Es tummeln sich noch tausend andere Radfahrer auf den Straßen, viel mehr als Autos.
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Dann bin ich endlich am legendären Malawi-See angekommen. Sofort fand ich in Monkey‘s Bay einen wunderschönen Platz zum Zelten.
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Direkt an dem kleinen, privaten Strand von Mufasa Lodge.

Eigentlich wollte ich einige Zeit hier bleiben, bekam aber eine Arbeit auf der anderen Seite der Halbinsel angeboten. Deswegen verließ ich nach zwei Tagen mein schnuckeliges Plätzchen und begab mich über den Berg

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nach Cape Maclear.

Hier sah es schon anders aus. In dem kleinen Fischerdorf gab es viel mehr Touristen und Lodges.
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In der Thumbi View Lodge verbrachte ich fast drei Wochen
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Einen besseren Platz hätte ich kaum finden können. Nach einer Woche durfte ich die Besitzer vertreten. Eine Woche durfte ich „bossie“ spielen. Obwohl sehr zeitintensiv war es für mich eine fantastische Abwechslung zum Radfahren.
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Da es „Freiwilligenarbeit“ war, bekam ich „nur“ Kost und Logie (so ein Zimmer würde ich mir nie gönnen und so gut gegessen hatte ich auch schon lange nicht mehr). Zudem luden mich die Besitzer, Noleen und Chris, zu Ausflügen ein.

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Es tat gut die Räder mit Segeln auszutauschen.

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Das Leben spielt sich rund um den See ab,

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Frühmorgens kommen sie zur Wäsche der Kleider und des Körpers. Sogar Zähne werden geputzt und Geschirr gewaschen. Da alle noch sehr gesund aussehen, wird der Gedanke an Bilharziose weit von sich geschoben.

Ich sagte mir, das morgendliche Schwimmen hat einen solch positiven Effekt, dass ich die geringe Gefahr Bilharziose zu bekommen, gerne in Kauf nehme. Heutzutage kann man dem medikamentös sehr gut vorbeugen. Die Einheimischen bekommen anscheinend eine Prophylaxe immer, wenn sie im Krankenhaus sind.

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Die Boote sind sehr speziell. Ich habe diese „ausgelatschten Schuhe“ nur in dieser Gegend gesehen. Die Malaien sind zwar sehr dünn, aber ich wusste nicht, wie sie in die schmalen Schlitze passen. Dann stellte ich fest, sie sitzen nicht im Boot, sondern darauf.

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Einmal in der Woche findet ein großer Kleidermarkt statt.

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Hier fand ich teure Markenkleidung, die in der „Ersten Welt“ bei nicht-gefallen in Kleidercontainer geworfen werden, zu, für unsere Verhältnisse, sehr geringen Preise. Ich erstand ein Funktions-T-Shirt für zwei Euro.

Ein weiteres Highlight war die Bootsfahrt zur Otter-Bay

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zuerst die fantastischen Felsen mit den Buchten voll von Fischen, aber keine Ottern

Dann die Fütterung der Fischadler
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Bevor wir gefüttert wurden, konnten wir zum Schnorcheln ins Wasser springen.
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und den blauen Fischen nachschwimmen. Von denen wuselte es nur so.

Für uns gab es gegrillten Fisch auf der Thumbi Insel.

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Da es weiter außer „relaxen“ nichts zu tun gab, und die nächste Fahrt wieder zurück war, habe ich beschlossen, das kann ich auch schwimmen.

Es war bei Weitem nicht das erste Mal, dass ich 1,5 Kilometer am Stück schwamm, aber das erste Mal in offenem Gewässer, von A nach B. War das herrlich, habe ich die Ruhe da draußen auf dem Wasser genossen.

Dann war meine Zeit in Thumbi View auch schon wieder vorbei.

Wieder einmal hieß es Abschied nehmen.

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Es war für mich am Anfang sehr gewöhnungsbedürftig mit den Einheimischen zusammen zu arbeiten. Wir haben uns aber sehr gut arrangiert und die Freundschaft blieb erhalten. Ich vermisste sie schon sehr, sie mich vielleicht auch ein bisschen.

Wieder ging es für mich über die Hügel zurück.

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Die meisten Radfahrer sind hier sehr zu bemitleiden. Den Berg kommen sie nicht hoch, da sie keine Gangschaltung haben und hinunter können sie auch nicht fahren, da die Bremsen fehlen. Dank Rohloff und Magura kam ich hoch und runter.

Ganz speziell sind die Klingeln. Die lautesten Klingeln aller Zeiten, die kommen sogar gegen Mopeds und Autos an. Ich fragte mich, wo ich so eine Klingel bekomme. Bis ich entdeckte, es war „Marke Eigenbau“.

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Der Klingeldeckel war so montiert, dass er per Zug an den Felgen streifte. Das gab dann das unangenehme, laute Geräusch.

Kaum aus Cape Maclear raus, wo man mich kannte und ich meine Ruhe hatte, war ich wieder von Kindern umzingelt.

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Nach den drei Wochen Ruhe konnte ich sie wieder besser ertragen.

Ich war ja erst ganz im Süden des Sees. Daher hatte ich noch die ganze fantastische Fahrt und die netten Campingplätze entlang des Sees vor mir.

Der nächste Stopp war Senga Bay.
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Übrigens hat man am Malawi-See nur am Cape Maclear den Sonnenuntergang, sonst, von Malawi aus, den Sonnenaufgang. Im Osten des Sees ist Mosambik und Tansania.
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Hier ist ein wesentlich größerer Fischerort, mit viel mehr Fischern,

Damit ich auch etwas anderes, als das touristische Malawi entlang des Sees kennenlernte, wollte ich einen Abstecher zur Hauptstadt Lilongwe machen. Sie liegt auf über 1.000 Höhenmetern, die ist zuerst einmal überwinden musste.

Auf dem Weg dorthin sind mir auf einmal Heerscharen von Leuten entgegen gekommen, meist Frauen und Kinder. Alle hatten eine Schachtel von „Christmas in a Box“ in der Hand. Irgendwo muss hier am 17. Juni 2017 ganz groß Weihnachten gefeiert worden sein.

Als ich am Abend wieder bei einem Chef des Dorfes zelten konnte, stand auch hier der ganze Hof voll Schachteln.

Ich bekam so ziemlich das erste Mal eine Puppe zu sehen. Außer, dass es keine Puppen gibt und man für so etwas kein Geld hat, für was braucht man eine Puppe, wenn man das kleine Geschwisterchen versorgen muss? Die gibt es immer und überall zuhauf.

Eine Frau versuchte den Sinn und Zweck eines Jojos herauszufinden. Es war aber so schlecht, dass ich es ihr nicht einmal vorführen konnte.

Dann kam eine andere Frau mit einem undefinierbaren Gegenstand. Es war ein Deo-Stift. Das ist auch so ziemlich das Letzte, was man hier braucht.

Das einzige, womit die Kinder etwas anfangen konnten, waren die Buntstifte und Malbücher.

Einerseits fragte ich mich, warum die Weihnachtsgeschenke mitten im Juni verteilt werden. Andererseits freute ich mich, da die Kinder beschäftigt waren und ich meine Ruhe hatte.

Um Lilongwe herum und Blantyre waren eigentlich die einzigen Orte in Malawi, wo man von Verkehr sprechen konnte. Lilongwe war allerdings völlig unspektakulär. Sie entstand erst 1947 und ist seit 1964 Hauptstadt.

Hier konnte ich mir auch gleich das Tansania-Visum besorgen.

Der Weg zurück Richtung See war wirklich „off the beaten track“, weg von dem Touristenstrom.

Zuerst war die Straße noch geteert, aber da sich ein Lastwagen über die gesamte Fahrbahn gelegt hat
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ich kam nicht einmal mit dem Fahrrad vorbei – musste ich in die Pampa ausweichen.

Dann war sowieso nichts mehr mit Teer. Entgegen der Information auf meiner Karte war die M7 nicht geteert.
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Auch hier machten die Berge nicht Halt. Da oben wird Kaffee für den Export angebaut, Da der junge Manager der einzige weit und breit war, der Englisch sprach, wurde er gerufen, als ich nach einem Platz zum Zelten fragte. Direkt neben seinem neuen Haus konnte ich mein Zelt aufschlagen.
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Ansonsten ist da oben nicht mehr viel.
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Die Straße wurde auch immer krimineller
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Entgegen der Information, dass es nach der Einmündung in die M18 wieder geteert sein sollte und ich durch den Nkhotakota Wildlife Reserve mit dem Fahrrad fahren dürfe, wurde ich gestoppt. Direkt an der Einmündung war eine Schranke, dahinter Schotter.

Keine Chance, man lies mich nicht durch. Diesmal halfen mir Leute von „World Vision“. Sie luden mein Fahrrad in das Auto und brachten mich die 36 Kilometer durch den Park.

Sie waren auf dem Weg zum Krankenhaus in Nkhotakota. Malaria scheint hier noch ein großes Problem zu sein. Sie waren ganz erstaunt, dass es in Europa kein Malaria gibt.

Dann endlich wieder Teer und freie Fahrt den See entlang. Sogar der Rückenwind kam mir noch zu Gute.

Und wieder wurde ich herzlich von einem Chef des Dorfes aufgenommen.
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Die Familie war eine Mischung aus Moslems und Christen. Der Chef ging in die Moschee, die anderen blieben zu Hause. Es war Ramadan. Gemeinsam wurde erst nach Sonnenuntergang gegessen. Ich schloss mich dem an. Wie üblich habe ich auch gekocht. Das Essen war dann sehr vielseitig. Jeder bekam von jedem etwas. Sehr nett.

Entlang des Sees gab es immer wieder luxuriösere Campingplätze. Ich gönnte mir eine Nacht im Kachere Kastle.
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Da hat jemand wirklich gemeint, ein Schloss, oder besser eine Burg, an den See zu stellen. Ein Schwimmbad durfte natürlich auch nicht fehlen.

Zelten konnte ich direkt am Strand. Dahinter war ein Bambuswald, in dem sich die Duschen befanden.

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Farblich aufeinander abgestimmt.

Auch entlang des Sees wurde es immer bergiger. Es ging durch einen Wald, aus dem immer wieder Männer und Kinder sprangen und mir Bälle jeglicher Größe verkaufen wollten. Das hat mich etwas verwundert, bis ich das Schild sah.
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Vizara Plantations, ich fuhr durch einen Kautschuk Wald.

Danach ging es wieder runter, und noch weiter hinunter nach Nkhata Bay, einem Treffpunkt von Reisenden. Wieder einmal habe ich mir kurz überlegt, ob ich mir das wirklich antun möchte. Das muss ich ja alles wieder hoch – aber nur ganz kurz

Ich fand es richtig nett, immer wieder die gleichen Leute zu treffen und andere Reisende. Bisher hatte ich nicht viele solcher Möglichkeiten.
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Hier ist die Uferzone ganz anders. Die Lodge und der Camping-Platz ist praktisch an eine Steilküste gebaut.

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(Foto credit: Tico Mendoza)

Dank meiner Freunde schaffte es auch mein Fahrrad und das ganze Gepäck auf die Plattform. Mein Fahrrad konnte sich drei Tage lang ausruhen. Ich blieb auch so fit. Egal, wohin ich wollte, ich musste entweder steil bergauf oder steil bergab. Es war schon fast peinlich halb um Afrika gefahren zu sein und hier Muskelkater zu bekommen.

Nach drei Tagen war ich dann wieder bereit, alles die Steilküste hochzutragen (beziehungsweise hoch tragen zu lassen 🙂 )

Und weiter ging es hoch nach Mzuzu bis auf 1250 Höhenmeter. Danach kam eine geniale Abfahrt, bei der ich immer wieder eine schöne Aussicht auf den See hatte.

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In Thunduzi Beach fand ich nochmals einen sehr ruhigen Campingplatz,
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wo ich vom See Abschied nehmen konnte.
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Ich war 45 Tage im Land und bin 1.641 Kilometer gefahren.

Malawi ist jetzt noch mehr eines meiner liebsten Länder in Afrika. Wenn ein Land größtenteils aus einem so schönen See besteht, braucht es dazu nicht mehr viel. Die Pause von drei Wochen hat auch unglaublich gut getan.

Als Fahrrad-Reiseland kann ich Malawi auch nur empfehlen. Politisch ist es stabil. Man sollte sich nur gut vor Malaria schützen und die Bilharziose-Prophylaxe danach nicht vergessen.

Nun stand wieder ein ganz anderes Land auf dem Programm: Tansania. Aber darüber dann das nächste Mal mehr.


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6 Gedanken zu “Malawi – das warme Herz von Afrika

  • Marie

    Hallo Doro,
    Ich finde deine Reiseberichte immer sehr spannend, allerdings frage ich mich was dich so an Kindern stört. Außerdem finde ich schade das hier nur die touristischen seiten malawis dargestellt werden. In den Dörfern geht es den Menschen teilweise sehr schlecht (malawi gehört zu den ärmsten Ländern der Welt). Gerade viele Mädchen dürfen/können nicht zur Schule gehen und werden misshandelt leben, auf der Straße oder müssen den ganzen Tag hart arbeiten. Auch HIV ist ein großes Problem.
    Ansonsten toller Beitrag und wirklich beeindruckende Bilder

    • doroFleck Autor des Beitrags

      Vielen Dank Marie für Deinen Kommentar. Was mich an den Kindern gestört hat, war, dass zu viele mir hinterher gerannt sind und “give money” oder “Donnez-moi d’argent” je nach Land gerufen haben. Interessanter Weise war das hauptsächlich in Touristenregionen oder wo vermehrt Hilfsprojekte waren. Wer hat ihnen das wohl beigebracht?
      Insgesamt in Afrika geht es der Bevölkerung, hauptsächlich den Mädchen sehr schlecht. In Malawi habe ich wahrscheinlich wirklich hauptsächlich den touristischen Teil gesehen. Ich hatte den Eindruck, im Vergleich zu anderen afrikanischen Ländern, das sie nicht ganz so schlimm dran sind, vor allem nach Mosambik. Leider kenne ich mich in der Politik nicht sehr gut aus, aber es scheint relativ stabil zu sein.
      Ich kann nur schreiben, was ich vom Fahrradsattel aus gesehen habe und das war schon sehr beeindruckend.
      Viele Grüße Dorothee