Kenia – durch den Norden
von Nairobi um den Mount Kenya, durch die Wüste zur Grenze nach Äthiopien.
Noch vor ein paar Jahren galt die Strecke zur Grenze im Norden noch als eine der gefährlichsten überhaupt. Hunderte von Kilometern geht es durch wüstenähnliches Gebiet. Überfälle standen auf der Tagesordnung. Wie sieht es heute aus?
Dank meines langen Aufenthaltes in Nairobi konnte ich mich mit der weiteren Strecke etwas auseinandersetzen. Wie üblich wusste ich nicht, was mich erwarten würde. Das kann manchmal ganz spannend sein, manchmal aber auch leichtsinnig.
Ich war sehr froh, dass ich von Willy Bennet, der etwa zwei Wochen vor mir die Strecke fuhr, erfahren habe, wo ich Wasser bekam.
Seit die gesamte Strecke geteert ist, kommt es kaum mehr zu Überfällen. Das war schon mal positiv. Allerdings herrschte im Norden starke Trockenheit. Die Nomaden können manchmal sehr aggressiv werden, wenn man ihnen kein Wasser gibt.
Vorerst sah ich dem gelassen entgegen.
Schweren Herzens verließ ich „Jungle Junction“ in Karen. Dort war es so schön erholsam.
Um dem ganzen Chaos durch die Stadt zu entgehen, blieb ich weitgehend auf der „Motorway“.
Von oben und von einer gewissen Distanz konnte ich das Treiben gelassen beobachten.
Am 8. August waren in Kenia Wahlen, die aber annulliert wurden. Am 17. Oktober sollten sie wiederholt werden. Bis dahin wollte ich außer Landes sein. Auch hier sind Wahlen meist mit Krawallen verbunden. Mir reichte das Chaos, das Wahlveranstaltungen verursachten.
Ganze Straßen waren blockiert, nichts ging mehr. Selbst ich mit meinem bepackten Fahrrad hatte Mühe durchzukommen. Diese Wahlveranstaltungen beschränkten sich glücklicherweise auf Samstage. Ansonsten hatte ich Ruhe.
Polizeistationen sind auch hier geeignete Orte zum Zelten. Selbst mein Fahrrad fand einen geschützten Platz vor dem starken Regen am Abend.
Vor dem Mount Kenya verließ ich endgültig die Südhalbkugel
Immer wieder werde ich gefragt, was ich mit meinem vollbeladenen Fahrrad mache, wenn ich zum Beispiel Einkaufen gehe.
Auch wenn es nicht immer so nette „Aufpasser“ gibt, hatte ich nie Problem (außer in Südafrika, als mir mein Fahrradcomputer gestohlen wurde).
Ich hatte schon die Befürchtung, dass der gigantische Mount Kenia mir genau so verborgen bleibt wie der Kilimandscharo.
Doch dann, als ich am letzten morgen aufwachte, hatte ich ihn in aller Pracht und Schönheit vor mir.
Vor dreißig Jahren bin ich da hochgekraxelt, was ich mir heute nicht mehr vorstellen kann.
Mein Zeltplatz war der höchste Ort in der Gegend, auf 2.500 Höhenmeter etwa. Hier oben hat es riesige Getreidefelder, die zur Kisima Farm gehörten.
Das alles hört sich schön und gut an. Da Syngeta daran beteiligt ist, kamen mir doch Zweifel. Und die Einheimischen haben nur einen schmalen Streifen zwischen Zaun und Straße, das sie für sich beackern können.
Außerdem gibt es auch hier, wie am Naivasha-See, unzählige Gewächshäuser, in denen Blumen für den europäischen Markt gezüchtet werden. Dafür wird ein Teil des Wassers, das vom Mount Kenya kommt, in Staubecken gesammelt. Und auf der Straße fahren Konvois vom „World Food Project“ vorbei. Da kommen doch einige Fragen auf. Vor allem, wenn man bedenkt, dass weiter im Norden, die Leute kein Wasser haben.
In schneller Fahrt ging es etwa 1.000 Höhenmeter hinunter nach Isiolo. Fantastisch, mit gigantischem Blick auf die Wüste, die ich nun vor mir hatte. In Isiolo konnte ich wieder einige Kleiderschichten ablegen. Hier ist der Start der Wüste
und ich sah die ersten Nomadenstämme, die Samburu. Sie wollten sich aber nicht fotografieren lassen.
In Sere-O-Lipi konnte ich wieder an der Polizeistation campieren. Was für ein Unterschied zur letzten Nacht! Da war alles grün, bunte Blumen um mich herum und furchtbar kalt. Hier war nur Wüste, stockdunkel und noch sehr warm.
Am Anfang der Wüste gab es noch einen Fluss mit etwas Wasser
Danach war es nur noch trocken.
Unglaublich viele Kamele gibt es in der Gegend
Sie müssen sehr weit ziehen, um noch an Wasser zu kommen
Das nächste Flussbett war ausgetrocknet.
Unterirdisch ist meist noch etwas Wasser. Trotzdem ist es für mich schwer vorstellbar, wie man hier leben kann.
Kurz nach Merille-Bridge hatte ich erste Begegnung mit steinewerfenden Kindern. Ein Junge warf sogar seine Machete auf mich, die genau neben mir landete. Er hat sicherlich nicht damit gerechnet, dass ich sie schnell aufhob und damit weiterfuhr. Danach flogen erst recht Steine. Ich war aber schnell, kein Stein hat mich getroffen. Nach ein paar Kilometern warf ich die Machete in den Graben. Was soll ich auch damit? Es war sicherlich das letzte Mal, dass der Junge damit warf.
Danach hatte ich wieder meine Ruhe und konnte die Landschaft genießen
Ein anderer Junge, weit entfernt von Orten, fragte nach Wasser. Er bekam eine meiner kleinen Flasche, die ich extra auf meinen Vorderradgepäcktaschen deponiert hatte. Dafür durfte ich ihn fotografieren.
Später fragten wieder Kinder nach Wasser. Sie waren aber sehr nahe an einem Ort, an dem es Wasser gab. Sie bekamen keines. Dafür bekam ich wieder eine Ladung Steine, aber keiner traf.
Vor Moyale geht es über eine Ebene, wo immer wieder vor starkem Seitenwind gewarnt wird.
Zurecht!
Furchtbar starker Wind blies den ganzen Sand auf. Die Straße war allerdings so kurvenreich, dass ich auch ab und zu Rückenwind hatte.
Wieder einmal fragte ich mich, was würde Afrika ohne die gelben Wasserkanister machen.
Hier gab es sogar runde, die man hinter sich herziehen konnte. An diesem „Depot“ sah ich, sie hatten UNICEF Aufkleber.
Im „Camp Henry“ in Marsabit konnte ich wieder einen Ruhetag einlegen. Henry ist gebürtiger Schweizer, der seit Jahrzehnten hier lebt. Er ist mit einer Frau vom Gobra-Stamm verheiratet. Deswegen steht hier auch ein original Gobra-Haus
Es ist praktisch wie eine Yurte, leicht auf- und abzubauen. Gobras sind oder waren wie alle Stämme hier im Norden Nomaden. Mehr und mehr siedeln sich in Orten an.
Diese Wasserbehälter werden aus Gras geflochten und sind nicht nur dicht, sondern halten es auch kühl.
Marsabit liegt auf etwa 1.400 Höhenmetern. Es hatte den Vorteil, es kühlte in der Nacht ab, dass ich gut schlafen konnte. Dafür ging ständig ein starker Wind. Ich glaube, der hört hier nie auf. Das Camp Henry hat sehr angenehme, windgeschützte Plätze, aus denen ich nicht mehr heraus wollte. Bleiben wollte ich aber auch nicht.
Nach zwei Nächten und mit aufgestockten Vorräten, macht ich mich auf die letzten 245 Kilometern in Kenia auf.
Von Marsabit geht es wieder schön bergab. Es wurde wärmer und der Wind war weniger stark. Dafür kam er nun meist direkt von vorne.
In Bursia, dem nächsten Örtchen, traf ich eine Gobra-Frau, die sehr gut Englisch sprach. Sie ging aber nie zur Schule. Ihr Mann hat es ihr beigebracht. Mit ihr und somit auch ein paar anderen Frauen, konnte ich mich etwas unterhalten. Ich fand sie wunderschön. Sie hatten leuchtende Augen und strahlend weiße Zähne. Eingewickelt in ihren bunten Tüchern gaben sie ein faszinierendes Bild ab.
Nachdem ich ihnen sagte, wie schön ich sie fand, ließen sie sich fotografieren.
So war es sehr interessant durch die Wüste zu fahren. In diesem Gebiet gab es nicht nur sehr viele unterschiedliche Stämme, sondern auch, außer all den Kamelen, noch andere Tiere,
In genügenden Abständen kamen immer wieder Orte, wo ich Wasser bekam. Oft kaufte ich es in Flaschen, da es nichts anderes gab. Besonders freute ich mich, wenn ich sogar an kalte Getränke kam, wie hier am „Hotel Tico“,
Inmitten vom fast Nichts standen auf einmal die bunten Hütten. Es gab sonst nur hohe Antennen. „Hotel“ heißt nicht unbedingt, dass man übernachten kann. Meist ist es nur ein Restaurant. Hier gab es außer kalten Getränken auch Essen.
Je näher ich Äthiopien kam, desto bergiger wurde es und dazu hatte ich überwiegend Gegenwind. Zu meinem Glück kam zehn Kilometer vor Moyales, der Grenzstadt, nochmals eine kleine Polizeistation, bevor es richtig den Berg hoch ging. Dazu hatte ich keine Lust mehr. Ich war ganz schön fertig, Nicht einmal zu dem nächsten Laden wollte ich fahren, wo ich noch was zu trinken bekommen hätte. Das übernahm dann ein Polizist. Vielen Dank.
Es lag so viel Müll herum, dass ich schon ahnte, das gibt wieder einen Platten, als ich am nächsten Tag weiter fuhr. Und tatsächlich, nach zwei Kilometern machte es laut Zissscccchhhhh. Mein erster Platten seit langem.
Es war dann schon zehn Uhr, als ich Moyales und die Grenze nach Äthiopien erreicht hatte.
Vor mir stand nun das Äthiopien, von dem noch kein Radfahrer Positives berichtet hat. Mir war auch nicht ganz wohl, bei dem Gedanken, mich den steinewerfenden Kindern auszusetzen. Das nächste Mal mehr über meine Erfahrungen über dieses spezielle Land.
Dass du weiterhin diese Strapazen auf dich nimmst, liebe Dorothee, bewundern wir und wünschen dir gesundes Durchkommen, weiteren Eroberungsmut und positive Einstellungen zu diesem geschundenen Kontinent. Kommt jetzt der schwierigste Teil mit Äthiopien und Sudan?
Wir drücken dir den Daumen, dass dich deine Erlebnisse bereichern und du die Afrikarunde unversehrt überstehst. Viele gute Neujahrswünsche (Weihnachten entfällt vielleicht in Ermangelung eines Tannenbaums und der christlichen „Umgebung“) senden dir aus dem verschneiten Schönenberg Michael und Ruth.
Nach Strapazen kommt immer eine nette Belohnung, ein wunderbares Ereignis und die Erleichterung, wieder was geschafft zu haben 😉
Äthiopien und Sudan habe ich auch schon hinter mir. Gerade bin ich in Kairo, fliege morgen nach Griechenland. Die Berichte über die letzten Länder kommen dann auch noch.
Liebe Grüße an Euch und auch Frohe Weihnachten und alles Gute im Neuen Jahr.
Kein Wort zum Visum in Nairobi? Da fehlt der Zusammenhang zum vorigen Artikell.
Meinst Du das Äthiopische Visum in Nairobi, das im in Kampala nicht bekommen habe?
Danke, sehr hilfreich. Ich fahre morgen die Strecke mit dem Motorrad nach moyale. Sollte ja dann klappen. Dir weiterhin viel Glück
Hi Markus, inzwischen wirst Du schon in Moyale sein. Ich hoffe, Du hattest eine schönen Fahrt und genießt das Camp Henry 😉 Sag viele Grüße,