Der Süden Spaniens
oder
Abschied von Europa
Bevor ich nach Afrika übersetze noch einen kurzen Update über den Süden Spaniens.
Der letzte Blogbeitrag kam von Benidorm. Hier noch ein paar Ergänzungen:
Bei einer Rundfahrt mit meinen Gastgebern durch Benidorm und Altea habe ich einiges über die Gegend gelernt. Warum ist z.B. aus dem kleinen Fischerort Benidorm diese Hotelhochburg geworden?
Es began zu Franco’s Zeit, als Spanien noch sehr konservativ war. Dieser Gegend ging es wirtschaftlich nicht so gut und sah eine Chance im Tourismus. Aber wie sollten sie die Mittel- und Nordeuropäer anlocken? Da hatte der Bürgermeister von Benidorm in den 50er Jahren die geniale Idee, schnappte seine Vespa und fuhr nach Madrid. Er sprach persönlich bei Franco vor und bat um die Erlaubnis, dass man in Benidorm mit einem Bikini (sonnen-) baden darf. Der Bitte wurde stattgegeben, was schließlich der Start für die explosionsartige Entwicklung des Fischerdorfes war.
In Strömen kamen sie hauptsächlich von der britischen Insel. Nicht nur das Wetter, auch die Preise waren hier viel besser. Das sind sie heute noch, darum ist der Ansturm immer noch sehr groß.
Um genügend Übernachtungsplätze bieten zu können, hat man anstatt sich in die Breite auszudehnen und Ackerland zu verbauen, in die Höhe gebaut. Über 40 Stockwerke sind keine Seltenheit. Es sind 75.000 Einwohner gemeldet, im Sommer kommen 2 Millionen Touristen dazu. Das muss man sich mal vorstellen!
Nicht einmal 10 Kilometer entfernt ist das kleine, schnuckelige Dörfchen Altea.
Hier kannst Du dem Trubel in Benidorm entfliehen und romantisch essen gehen. Bei meinem Besuch waren die Straßen leer und fast alle Restaurants geschlossen. Nicht auszudenken, wie es hier im Sommer zugeht.
Zwischen den beiden Städten gibt es einen Parkplatz für Wohnmobile. Als ob nicht schon jeder Campingplatz einem Parkplatz sehr ähnlich kommen würde. Dieser hier ist wirklich nur ein Parkplatz- groß und natürlich eingezäunt. Ob es sanitäre Einrichtungen gibt, konnte ich nicht erkennen. Jeder Platz war belegt. Er hat allerdings nur im Winter offen. Im Sommer wäre es hier wahrscheinlich zu unerträglich, ohne Schatten. Da verprassen die Besitzer an schöneren Orten dieser Welt das Geld.
Die Sprachen und Autoschilder der Wohnmobile wechseln weiter nach Süden zwischen deutsch, britisch, holländisch, französisch und belgisch. An den schönsten Plätzen sieht man schon von weitem so ein riesiges, weißes Gefährt hervor blitzen. Das Durchschnittsalter der Insassen würde ich so auf 68 Jahre schätzen, die europäischen „Grey Nomads“, Rentner, die den Winter im Süden verbringen.
Radfahrer sah ich erstaunlich wenig, alle jünger als ich, zwei Paare und ein Belgier. Und alle waren sie in der Gegenrichtung unterwegs.
Richtig schön und fern ab von jeglichem Trubel wurde es westlich von Cartagena, Cabo Tiñoso,
Cabo Cope-Puntas de Calnegre bis ganz in den Süden von Cabo de Gata. Auf einmal gab es kaum mehr Verkehr auf den kleinen Sträßchen. Dafür ging es ganz schön rauf und runter mit wunderbarem Ausblick auf die strahlend blauen Buchten.
Vor Almeria war das Glitzern allerdings nicht mehr immer Wasser, sondern die Plastikfolien der Gewächshäuser.
Vor Almeria war das Glitzern allerdings nicht mehr immer Wasser, sondern die Plastikfolien der Gewächshäuser.
Unglaublich, die ganze Gegend um Almeria scheint in Plastik eingewickelt zu sein.Ein Plätzchen zum Zelten war kaum mehr zu finden.
Nach Adra ist es größtenteils zu felsig, um Tomaten oder sonstiges Gemüse anzupflanzen. Endlich mal wieder schöne Buchten und Meerblick.
Vor Malaga fängt die Autobahn an. Es gibt kaum ein entrinnen. Nicht einmal ein breiter Seitenstreifen steht zur Verfügung. Da ich am Wochenende hier unterwegs war, war ich bei weitem nicht die einzige Radlerin. Im Pulk schossen auch die Rennradler an mir vorbei.
Weg von der Autobahn geht es durch die Städte, die hier, je näher Du Gibraltar kommst, immer mehr englisch angehaucht sind. Das Europäische Autokennzeichen „E“ könnte genau so gut für „England“ stehen und „GB“ für „Gibraltar“ (das Kennzeichen für Gibraltar ist „GBZ“).
Die Spanier scheinen Ampeln zu lieben. Alle 50 Meter leuchtet es meist rot. Für Autos gibt es wahrscheinlich eine grüne Welle. Wenn ich mich beeilte, schaffte ich vier Ampeln. Bei der fünften konnte ich mich dann wieder ausruhen.
Sehr erstaunt war ich, als sie von mir bei der Einreise nach Gibraltar den Pass sehen wollten. Ob das wohl schon vor den Anschlägen so war? Wahrscheinlich ist es der einzige Ort auf dem Festland Europas, wo die Währung britische Pfund ist. Die Stadt besteht ja eigentlich nur aus dem riesigen Felsen und dem Hafen mit den super noblen Yachten.
Trotzdem muss diese Stadt ihren Flughafen haben. Der einzige Ort für eine Landebahn ist quer über den Eingang zu der Halbinsel. Deswegen kann es schon mal sein, dass die Schranke zu ist, wenn gerade ein Flugzeug starten oder landen möchte. Noch nie bin ich sonst mit dem Fahrrad über das Rollfeld gefahren.
Auf der anderen Seite der Bucht ist Algeciras. Diese Stadt ist schon eine prima Einstimmung auf Afrika und eine andere Kultur. Mit ihren Märkten und arabisch angehauchten Läden ist sie ganz anders als alle anderen spanischen Städte.
Morgen geht es von hier aus mit der Fähre nach Ceuta, der spanischen Enklave in Marokko. Ich bin schon ganz aufgeregt. Dann wird es richtig spannend.
Übrigens hatte ich in den sechs Wochen gerade mal einen einzigen Regentag und bin 2.907 km gefahren.