Burkina Faso, das große Unbekannte


Burkina Faso

Wer weiß was über Burkina Faso? Es ist sicherlich nicht „das“  Reiseland. Wenigstens bin ich so alt, dass ich mich daran erinnern kann, es hieß früher „Obervolta“. Warum, das habe ich erst viele Jahre später erfahren. Ansonsten wusste ich auch so ziemlich gar nichts über das Land. Bei meiner Routenplanung entdeckte ich dann, wo es liegt. Und jetzt, nachdem ich wenigstens ein paar Tage darin geradelt bin, kenne ich es ein bisschen besser. Das werden ihr auch, wenn Ihr einfach weiter lest.

Nach der schönen Zeit in Mali, tat es mir schon leid, nicht länger in dem Land geblieben zu sein. Nachdem ich dann noch vor der Grenzkontrolle in Burkina Faso von Teenagern nach Geschenken gefragt worden bin, wäre ich am liebsten gleich wieder umgedreht. Wenigstens war es hier eine höfliche Frage und nicht der fordernde Imperativ wie im Senegal.

Dann wurde ich von den Grenzbeamten gescholten, dass ich nicht den Pfad zu ihnen genommen habe, sondern auf der Straße über die Schnur und dann zu ihnen. Oh je, das fängt ja gut an. Später verlangte die Polizei, dass ich ihnen das „Carnete Gris“, Fahrzeugpapiere für mein Fahrrad, zeige. Nach einiger Diskussion, dass es so etwas bei uns nicht gibt, mein Fahrrad hat ja auch kein Nummernschild, lies er mich weiter ziehen.

Als ich dann noch von zwei Jugendlichen angemacht wurde, als ich einfach in Ruhe Pause machen wollte, hätte ich am liebsten sofort das Land wieder verlassen. Ich war nur froh, dass ich nur eine kurze Strecke, zur Ghana-Grenze, fahren musste.

Trotzdem, ein kleiner Schlenker musste sein. Nachdem ich in Mali schön brav auf der „Route National“, den geteerten Straßen, blieb, bog ich jetzt auf eine Piste ab. Ich weiß nicht warum, aber immer, wenn ich Erde unter den Reifen habe, geht es mir auf einmal viel besser. Wahrscheinlich, weil es dann noch weniger Verkehr gibtund ich mich mehr auf den Weg konzentrieren muss… egal, meine Laune stieg um einige Grade.

Ende Mali sah es so aus, als ob die Mango-Saison langsam zu neige geht. Hier wurden sie noch haufenweise geerntet.

Mangos, Mangos, Mangos

Mangos, Mangos, Mangos

Hier wahrscheinlich die Überreste, die nicht mehr länger transportiert werden konnten. Ansonsten wurden sie noch sehr grün geerntet, schmeckten dann auch dementsprechend.

Landschaftlich war es auch so schön, dass ich voll Euphorie, trotz GPS, von meinem Weg abkam.

Burkina Faso

looks like I got lost

Es war noch gut zu fahren, nur kam ich über Felder und Gehöfte, wo wahrscheinlich noch keine Weiße durch kam. Hier sprach kaum mehr jemand Französisch. Immerhin konnte man in jedem Dorf wenigstens eine Person auftreiben, die mit mir kommunizieren konnte.

similar buildings like in Mali

similar buildings like in Mali

Hier waren sie wieder ausgesprochen nett und gastfreundlich, erlaubten mir zwischen ihren Hütten zelten, ließen mich aber ansonsten in Ruhe.

Am nächsten Tag ging es weiter, wieder zurück auf der richtigen Piste

another dirt road

another dirt road

Auf einmal kam mir ein Lastwagen entgegen. Sonst waren nur Radfahrer und Mopedfahrer unterwegs. Erstaunt, wie er sich über den unwegsamen Weg hocharbeitet, zog ich meine Kamera heraus und fotografierte das Geschehen: Der Lastwagen war noch weiter weg, keine Person war zu erkennen. Auf einmal sprang ein junger Mann herum, schrie mich total aggressiv an, ich solle das Foto sofort löschen.

Ich hatte schon Angst, er zerschmettert mir die Kamera. Zum Glück werde ich in solchen Momenten auch wütend. Auch ich kann sehr laut schreien. Er ließ dann von mir ab und ich blieb mit pochendem Herzen stehen. So etwas ist mir seit Senegal nicht mehr passiert. Wie viele liegengebliebene Lastwagen habe ich in den anderen Ländern fotografieren dürfen. Deswegen fragte ich auch schon nicht mehr nach. Es sah so aus, als wäre Burkina Faso nichts für mich.

Langsam wäre ich froh gewesen, wenn der Teer wieder anfangen würde. Es sah stark nach Regen aus und ich wollte nicht im Matsch und Schlamm enden. Da ich weder über mein GPS noch über die Landkarte herausfinden konnte, wann der feste Boden wieder anfängt, wollte ich mich einfach überraschen lassen.

Und die Überraschung kam erstaunlich bald, gerade noch vor dem Regen.

surprise, surprise - pavement

surprise, surprise – pavement

Exakt 50 Kilometer vor dem nächsten größeren Ort, Bonfora. Warum gerade hier, war mir auch gleich klar. Noch eine Kurve und ich stand vor den „Aiguille de Sindou“ – die nächste Überraschung.

Aiguille de Sindou

Aiguille de Sindou

Das kommt davon, wenn man einfach so ins Blaue fährt. Auf meiner Karte sah ich, dass es in dieser Gegend mehrere Touristenattraktionen gab. Aber wusste ich was „Aiguilles“ sind? So gut ist mein Französisch nicht, dass ich es mit so etwas in Verbindung gebracht hätte,

Burkina Faso

Aiguille de Sindou

Wie spitze, meterhohe Nadeln stechen die Felsen hervor. Fast noch imposanter, als die Felsformationen in Mali. Somit hat sich dieser Schlenker durchaus gelohnt.

Wie an jedem Touristenort gab es auch in dieser Gegend nicht nur geteerte Straßen, sondern auch genügend Touristenunterkünfte, wie hier das Campement Kegnigohi, am Lac Tengrela

Campement Kegnigohi at the Tengrela Lake

Campement Kegnigohi at the Tengrela Lake

Im See soll es Flusspferde geben. Da sie allerdings von mir alleine für den Zugang zum See 2000 CFA verlangten, habe ich dankend darauf verzichtet. Für Touristen, die direkt aus Europa kommen, mag dies nicht viel sein. Wenn man allerdings die anderen Preise kennt- für meine Verpflegung pro Tag brauche ich meistens weniger- ist es unglaublich viel.

Wenn sie einen „Mehrwert“, Informationstafeln oder sonst was geboten hätten, wäre ein „Eintritt“ verständlicher gewesen. Aber schon den Zugang zum gesamten See zu sperren, fand ich nicht nett. Mitten in der Nachmittagshitze ging ich sowieso nicht davon aus, dass ich dort irgendwelche Tiere sehen würde. Und Flusspferde hatte ich schon in Senegal gesehen.

Dafür habe ich mir ein Abendessen im Campement gegönnt. Es waren zwar nur Spagetti mit Tomatensoße (zum Vergleich: 750 CFA), aber meinem Magen hat es überhaupt nicht gefallen. In den frühen Morgenstunden fing er an zu rebellieren. Nähere Beschreibung erspare ich Euch.

Trotzdem fuhr ich weiter. Der Gedanke, in einem Land krank zu werden, in dem es mir nicht so gefällt, fand ich nicht sehr angenehm. Ich steuerte direkt Bobo-Dioulasso, eine größere Stadt, an, begab mich dort direkt in eine Auberge und wollte mich nur noch auskurieren.

Auf Medikamente wollte ich vorerst verzichten. Normalerweise bekomme ich es auch so wieder in Griff. Der Mann von der Auberge Awadi war auch sehr nett. Zuerst bekam ich ein großes Glas Coca-Cola. Das hilft ja meistens schon mal. Da ich nur wenige Tage in Burkina Faso war, habe ich mir nicht extra eine SIM Karte gekauft, hatte somit auch kein Internet. Da es in der Auberge auch kein WiFi gab, hat er mich kurz ins Internet – Café gefahren. – Vielleicht sollte ich mein Urteil über Burkina Faso und die Leute nochmals überdenken.

In der Nacht gab es ein richtiges Donnerwetter, es hat furchtbar geregnet und gestürmt. Am nächsten Tag war alles wieder vorbei. Die Luft war sehr angenehm frisch.

Guter Schlaf ist neben Radfahren, die beste Therapie. Mit neuen Kräften und mit Rückenwind ging es schnell weiter. Nach der Abzweigung zur Grenze in Hamale kam auch der Verkehr zum Erliegen. Es waren hauptsächlich nur noch Radfahrer auf der Straße.  Landschaftlich hat sich seit Mali kaum etwas geändert. Immer noch das ständige Auf und Ab durch die grüne Buschlandschaft.

Auf einmal tauchte wieder einer der Siedlungen auf. Mittlerweile erkenne ich sie schon von Weitem, Goldgräber! Das hieß, um einen Platz zum Zelten zu finden, wollte ich lieber noch ein paar Kilometer fahren.

Es war dann gar nicht mehr so weit. Wieder saß ein älterer Moslem vor seinem Dorf. Ich sagte mein Sprüchlein auf: mein Name, was ich mache, dass ich einen Platz zum Zelten suche – und durfte bleiben.

camping in a little farming village

camping in a little farming village

In der Nähe war ein Brunnen. Frauen und Mädchen kamen auf ihren Fahrrädern mit drei bis vier von den großen Kanistern, um Wasser zu holen. In so einen Kanister gehen doch sicherlich 20 Liter. Unglaublich, was sie transportieren.

In dem Dorf standen Hütten, die sahen etwas anders aus. Neugierig was das sein könnte, lief ich drum herum und suchte einen Eingang.

Special storage buildings

Special storage buildings

Da war aber nichts. Komisch. Ich fragte nach. Der nette junge Mann, der sehr gut französisch konnte, sagte mir, das ist zum Trocknen, von „Mille“, griff unter dem Dach in eine Öffnung und zog ein Kraut hervor. Es muss so was ähnliches wie Johanniskraut sein, nur nicht gelb, sondern eher lila. Drei bis vier Jahre trocknet es darin. Ich bin immer wieder erstaunt wie viel Wissen und Techniken sie haben. Wir könnten noch viel von ihnen lernen.

Obwohl es Sonntag war, stand der junge Mann schon kurz nach sechs vor mir und wollte sich verabschieden. Er müsse arbeiten gehen. „Was?“ – auf das Feld. Sie bauen hier Erdnüsse, Mais, Bohnen und sogar Baumwolle an.

Ich ließ mir noch etwas Zeit und fuhr dann auch los.

Nach der Abzweigung nach Pa (hier sind die Ortsnamen wesentlich kürzer) wurde die Straße schlechter, dafür waren jetzt fast nur noch Radfahrer unterwegs.

Die Landschaft muss sich in den letzten Wochen während der Regenzeit sehr verändert haben.

Now a lake, but during dry season?

Now a lake, but during dry season?

Dieser See war wahrscheinlich auch noch nicht lange da.

Es wurde wieder sehr heiß. Dank des Rückenwindes kam ich noch gut vorwärts. Das wird sich ab morgen ändern. In Ghana geht es nur noch nach Süden.

Die Bekleidung der Leute änderte sich in zwei Richtungen. Auf dem Land war man wieder sehr traditionell gekleidet. Frauen unten herum nur mit Tuch, oben ohne, die kleinen Mädchen nackig mit einer leuchtend grünen Perlenkette um die Hüfte, die Jungs nichts.

Die andere Richtung war total entgegengesetzt. Auf einmal hatten die Frauen auch Jeans und T-Shirts an. Die Haare waren geglättet, langgezogen und gefärbt. Jedenfalls sehr gewöhnungsbedürftig.

Mittlerweile hatte ich richtig gefallen an Burkina Faso und den Leuten gefunden und wollte nochmals eine Nacht hier verbringen. Dank des Rückenwindes und da nichts Geeignetes mehr kam, stand ich auf einmal wieder vor der Grenze. Vorsichtig fragte ich hier die Grenzbeamten, hier wäre doch auch ein nettes Plätzchen zum Zelten. Sie meinten aber, ich wäre doch auch gleich über der Grenze. Also weiter zu meinem neunten afrikanischen Land.

Jetzt wisst ihr wenigstens ein bisschen was über das Land. Es gibt sicherlich vieles, was ich in der kurzen Zeit nicht entdeckt habe. Was wisst Ihr noch darüber?


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8 Gedanken zu “Burkina Faso, das große Unbekannte

  • Maren

    Ich hatte einmal eine Schülerin aus BF. Bei der Vorstellungsrunde musste ich zweimal fragen, woher sie käme. Dass es ein Land in Afrika sein musste war naheliegend 🙂

    • doroFleck Autor des Beitrags

      Im Vergleich zu den anderen Ländern drum herum macht es wenig Schlagzeilen. Ist auch ganz gut so. Jetzt weißt Du wenigstens ein bisschen mehr.

    • doroFleck Autor des Beitrags

      Es besteht auch allen Grund neidisch zu sein. Je weiter ich in Afrika vordringe, desto besser gefällt es mir. Das wird alles noch hier berichtet, nur Geduld 🙂
      Für den Blog kamen die Fotos zu spät, aber ich würde sie gerne unter Deinem (Vor-) Namen für andere Veröffentlichungen verwenden. Werde Dir dazu noch eine E-Mail schicken.

      Liebe Grüße aus Benin

  • Elke

    Liebe Dorothée, gerade habe ich Deine letzten Artikel gelesen, wie immer super interessant und tolle Fotos und Du bist einfach unglaublich!!!!! Wie langweilig unser Leben (Stil “travail, métro, dodo”) im Vergleich dazu ist……1000 Grüsse. Elke & Gilles

    • doroFleck Autor des Beitrags

      Vielen Dank, liebe Elke & Gilles.
      Inzwischen bin ich ein schönes Stück weiter, in Angola. Sobald mein Computer wieder funktioniert und ich dazu komme,…
      Nicht mehr lange und ich bin kurz in Deutschland zurück.

      Liebe Grüße
      Dorothee

  • U. Calle

    Hi,

    vielleicht wird es ja verständlicher, wenn man die CFA mal in Euro umrechnet. Am 18.10.2016 war 750 CFA = 1,14 € und 2000 CFA = 3,05 €.

    Ich war auch schon in einigen westafrikanischen Ländern (aber bisher noch nicht in Burkina Faso) unterwegs und glaube, dass man Dir bei einem Teller Spaghetti zu 1,14€ keinen Touriaufschlag berechnet hat. Das war fairer, als Du verlangen konntest.

    Der Téngrélasee ist wegen der dort lebenden Flusspferde eine lokale Touristenattraktion. Seit 2009 steht er auch auf der Liste schützenswerter Feuchtgebiete. Burkina Faso ist einer der ärmsten und am wenigsten entwickelten Staaten der Erde. Wenn die mal für eine Touristenattraktion 3,05€ Eintritt verlangen (und so viele Möglichkeiten Hippos in Westafrika in freier Wildbahn zu sehen gibt es nicht), dann finde ich das ehrlich gesagt voll okay und sollte in einem Reiseblog nicht als Wucher dargestellt werden, sonst bekommen Fahrradreisende noch den Ruf, dass sie die letzten Geizkragen wären. Als jemand der demnächst wieder mit dem Rad losfahren wird (und vielleicht sogar in dieser Region) wäre ich daran nicht interessiert.
    Gruß
    Calle

    • doroFleck Autor des Beitrags

      Hi Kalle,
      Vielen Dank für Deinen Kommentar.
      Leider war ich zu dieser Zeit viel zu lange aus Deutschland weg, dass ich die Preise mit westlichen Preise verglichen habe. Wie Du ja weißt, kommt man als Radfahrer durch einige “Nicht-Touristische” Gegenden und weiß, was die Sachen normalerweise kosten und was ein Lehrer zum Beispiel verdient. Daran vergleiche ich die Preise. An dem Preis des Tellers Spagetti hatte ich nichts auszusetzen.
      3 Euro ist für einen Einheimischen hier ganz schön viel. Um das geht es mir. Mir ist es immer mehr als peinlich, wenn Touristen frisch eingeflogen kommen und alles als so billig sehen. Natürlich ist das Meiste in Afrika im Vergleich zu Europa günstig. Aber denkt auch ein Einheimischer so darüber?
      Das Thema geht noch viel weiter. Ich überlege mir, ob ich nicht extra über die negativen Auswirkungen vom Tourismus schreiben soll.
      Übrigens sind im Gambia-Fluss, Westafrika, noch einige Hippos zu sehen.
      Ich glaube nicht, dass wegen dem Bericht, Radfahrer im Allgemeinen als Geizkragen verschrien werden, oder dass irgendjemand (außer Dir vielleicht) davon abgehalten wird, in diese Gegend zu radeln.
      Ich behalte mir weiterhin die Freiheit bei, meine Meinung zu schreiben.

      Gruß
      Dorothee