Ägypten: entlang des Roten Meeres nach Kairo
„Nur mit Polizeischutz“ oder „Unter ständiger Überwachung“
Meine letzte Etappe in Afrika! Ich wollte sie einfach nur genießen. Allerdings musste ich wieder mit Polizeieskorte und Gegenwind rechnen.
Nachdem ich sehr gut gefrühstückt hatte und noch Kaffee mit der Familie „Les Doudz“ getrunken, verließ ich Luxor. Ich wollte so lange wie möglich am Nil bleiben. Es ging durch sehr abgelegenes, ländliches Gebiet. Das ersparte mir vorerst die Polizeieskorte. Bis ich wieder auf der Hauptstraße war.
Bis Qena waren es ungefähr 70 Kilometer, kein Grund zur Eile. Die Polizisten waren sehr nett. Um mich vor dem Gegenwind zu schützen, fuhren sie vor mir. Zum Dank dafür sang ich den schwer bewaffneten Männern hinten auf dem Pickup während der Fahrt deutsche Weihnachtslieder vor. Schließlich fragten sie mich, wie alt ich eigentlich sei. 😉
Bei einem Schichtwechsel erfuhr ich alle möglichen Stopps zum Übernachten und Wasser zu bekommen auf dem Weg durch die Wüste nach Safaga.
Dann kam es doch wieder anders
Kurz vor Qena war Les Doudz hinter mir. Sie wollten eine Straße westlich des Nils fahren, wurden aber von der Polizei wieder zurück geschickt. Am Nil wollten sie wegen des starken Verkehrs auch nicht bleiben. Ob ich mit ihnen nach Safaga ans Rote Meer fahren möchte? Natürlich!
So befreiten sie mich von der Polizeiüberwachung. Obwohl, am Anfang, mussten sie auch mit Eskorte fahren. Durch Qena war das praktisch, es ersparte den Navigator.
In der Wüste hatten wir freie Fahrt. Als es dunkel wurde, konnten wir ungehindert einen Platz zum Schlafen suchen. Traumhaft. Ich hätte nie gedacht, dass ich hier in Ägypten nochmals in den Genuss kommen würde, unter freiem Himmel zu schlafen.
Und dann auch noch bekocht zu werden! Einfach nett.
Nur habe ich gemerkt, Autofahren ist nichts für mich. Die paar Stunden am Nachmittag hatten mir ausgereicht. Außer dasitzen und reden gibt es einfach nicht viel zu tun. Am Morgen wieder ein Abschied.
Ich fuhr mit dem Fahrrad weiter.
Es war fantastisch
Die vierspurige Straße war total leer. Ich genoss die Ruhe in der Wüste.
Leider entdeckte mich vor Safaga, am Roten Meer, die Polizei wieder. Am Ortseingang fragten sie mich, was ich wolle, was ich suche, welches Hotel….
Sie verstanden zuerst nicht, dass ich nichts Spezielles suchte, sondern nur die Stadt anschauen wollte. Dazu brauchte ich wirklich keine Polizei.
Sie ließen mich dann tatsächlich ziehen.
Südlich von Safaga soll die Küste sehr schön sein. Ich fuhr allerdings nach Norden. Bis Hurghada waren es nicht einmal 70 Kilometer.
Am Anfang waren ein paar Feriensiedlungen, bis die Hotels der Touristenhochburg kamen. Ich hatte keine Möglichkeit ans Wasser zu kommen. Es ging auch ein starker Wind.
Für die Anzahl der Hotelbetten waren sehr wenige Touristen zu sehen.
Ich hatte mich mit Colleen und Peter McNulty, einem Paar aus Kapstadt, das von Kairo nach Hause fuhr, verabredet.
Die langen Diskussionen und der Informationsaustausch wurde nur durch Essen unterbrochen.
Dafür habe ich auch gerne auf Schwimmen verzichtet. In der Stadt gibt es nur wenige, kostenpflichtige Strände.
Colleen und Peter wurden vom Wind in den Süden geblasen, ich hatte ihn wieder direkt im Gesicht.
Die Straße war allerdings vom Feinsten.
Bei dem Bau hatten sie sicher mit mehr Touristen gerechnet.
Außer Wüste kam nicht viel. Am Anfang noch ein paar Holiday-Resorts.
Erst nach 70 Kilometern entdeckte mich die Polizei. Von Colleen und Peter wusste ich, dass ich an der Polizeistation nach weiteren 12 Kilometern zelten konnte. Ansonsten gab es nur Gasleitungen und Industrie.
Neben der Polizeistation gab es eine kleine Tankstelle und eine Cafeteria. Ich wollte nur kurz etwas zum Essen kaufen. Auch die 30 Meter durfte ich nur mit Polizei gehen.
Richtig ärgerlich wurde es erst am nächsten Morgen. Wegen des Gegenwindes, der nach 9 Uhr einsetzt, stand ich sehr früh auf. Um 7:30 Uhr war ich abfahrbereit. Aber von Abfahrt war noch lange keine Rede. Ich musste über eine Stunde warten, bis meine Eskorte kam. Mit ihr kam dann auch der Gegenwind.
Anstatt, dass sie mich vor dem Wind schützten und vor mir fuhren, blieben sie dicht hinter mir. Mein Flehen stieß auf taube Ohren. Es sei viel zu gefährlich.
Am Nil waren es vier Polizisten pro Eskorte, Zwei saßen hinten und konnten mich direkt sehen. Am Roten Meer waren es nur zwei, die beide vorne saßen.
Ich wusste wirklich nicht mehr, werde ich nun beschützt oder bewacht? Bei all der Industrie und den Pipelines konnte ich mir das Letztere gut vorstellen. Ich hätte ja einfach ein Feuerchen machen können.
Bei der Ausrüstung und so, wie die Männer drauf waren, konnte ich mir kaum vorstellen, dass sie mich wirklich hätten beschützen können. Wenn der Motor aus ging, hatten sie Schwierigkeiten ihn wieder zu starten. Es war schon fast ein slapstick, ein Lachen musste ich mir verkneifen.
Vor Suez, wo es auch nicht mehr weit nach Kairo ist, kommen noch einmal Hotelhochburgen.
Unglaublich! Alles war wie ausgestorben. Ich würde gerne wissen, wie viele Übernachtungsmöglichkeiten es schon gibt. Und immer noch wird feste gebaut.
Auch unglaublich ist, wie sich Industrie, Raffinerien und Resorts abwechseln. Wer möchte hier Urlaub machen? Und die Übernachtungen sind sehr teuer.
Bevor ich nach Kairo fuhr, wollte ich noch an das Mittelmeer. Der Kreis musste noch geschlossen werden. Ich dachte, entlang des Suez-Kanals ginge eine Straße, auf der ich direkt am Wasser fahren könne. Aber mal wieder weit gefehlt. Seit der Revolution ist 2011 alles abgeriegelt. Von Weitem kann man vielleicht noch den obersten Teil der Container-Schiffe sehen. Alles andere ist hinter Mauern mit Wachtürmen.
Auf dem Weg nach Port Said machte ich an einer Moschee Halt. Weit und breit gab es mal wieder nichts. Aber hier hatte ich eine schön überdachte Bank.
Ein paar Meter entfernt schnitten ein Mann und eine Frau so etwas wie Schilf.
Ich winkte als Zeichen, alles ist OK. Die junge Frau und fragte zuerst
„Water?“
Nein Danke, ich hatte erst meine Wasserflaschen aufgefüllt.
Dann ging sie und kam kurz darauf mit einer Packung selbst gemachten Keksen wieder. Prima, vielen Dank.
Sie zeigte in die Nähe der Moschee und meinte „Toilette“ – auch das brauchte ich jetzt nicht.
Sie ging und kam.
„Tea?“
Ja, danke. Ich wurde hinter das große Haus geführt. Der Imam kam in seinem schwarzen, langen Gewand. Beide sprachen nur spärlich Englisch. Trotzdem war die Unterhaltung sehr ungezwungen und humorvoll.
Es wurde immer später und als sie mich dann noch zum Essen einluden, bemerkte ich, dass ich noch einen Schlafplatz suchen sollte. Ob ich vielleicht in dem großen Garten mein Zelt aufschlagen konnte?
Als Alternative boten sie mir ein großes Zimmer in dem Haus an.
Das sind so die Überraschungen, die Reisen so einmalig machen.
Zur Abwechslung mal ohne Gegenwind ging es nach Port Said. Der erste Eindruck dieser Hafenstadt war nicht gerade positiv. Viel Verkehr, viel Dreck und alte, halb verfallene Häuser.
Schnell bin ich an den Strand vom Mittelmeer und habe ein Foto gemacht. Danach war schnell ein Hotel gefunden. Als ich dann nochmals durch die Stadt bin, dachte ich, so schlecht ist es ja gar nicht. Manche Schönheiten entdeckt man erst auf dem nächsten Blick.
Das Aufwachen war ein Graus. Das passiert bei mir nicht oft, dass ich denke; „Nein, ich kann jetzt nicht aufstehen“. Ich tat es trotzdem, fühlte mich nicht wohl. Nach dem Frühstück fiel die Entscheidung: Ich bleibe. Seit Luxor war ich 10 Tage lang jeden Tag unterwegs. Ob ich jetzt einen Tag früher oder später nach Kairo kommen würde, war auch egal.
Zu tun hatte ich noch genug und dann konnte ich auch noch durch die Stadt streifen.
Die alten Häuser wurden sehr schön renoviert oder neu erbaut.
In diesem vorwiegend moslemischen Land gibt es auch einige christliche Kirchen. Sie stehen alle unter Polizeischutz. Will man sie besichtigen, muss man durch einige Kontrollen. Die Kirchen waren erst in letzter Vergangenheit wieder Ziel von Anschlägen.
An der Mündung konnte ich endlich einen Blick auf den Suez-Kanal werfen.
Nach so einem erholsamen Tag war ich wieder fit und konnte die Fahrt Richtung Kairo aufnehmen.
Die ersten paar Kilometer waren auf dem gleichen Weg wieder zurück. Bei Ismalia bog ich Richtung Kairo ab.
Am Anfang ging es noch relativ ruhig durch die Wüste. In meiner letzten Nacht vor Kairo wollte ich unbedingt zelten. Die Wüste ist allerdings nicht so leer, dass ich irgendwo mein Zelt aufstellen konnte. Über weite Strecken war Militärgebiet.
Als ich von der Hauptstraße abbog, hielt ein Ambulanzwagen. Ich solle doch zu Ihrer Station mitkommen.
Entlang größerer Straßen gibt es immer wieder Stationen, wo Krankenpfleger auf Ihren Einsatz warten. Sie versorgen die Unfallopfer dort nicht, sondern bringen sie ins nächste Krankenhaus.
Mir wurde in der Station ein Zimmer angeboten. Aber ich wollte ja zelten. „My tent is my home“, Das verstehen die meisten.
Die Einladung zum Abendessen lehnte ich natürlich nicht ab.
Der letzte Abschnitt wurde bald richtig abenteuerlich. Der Verkehr in der 20 Millionen Stadtregion ist enorm.
Seit ein paar Wochen hatte ich Kontakt mit einem Radfahrer aus Kairo. Er wollte mir entgegenfahren und mich in die Stadt führen.
Es dauerte auch nicht lange, da sah ich ihn kommen. Unter Lebenseinsatz überquerte Mostafa die mehrspurige Straße.
Es gibt wirklich nettere Gegenden und Straßen zum Radfahren!
Am Anfang der Stadt meinte er, es würde ihm jetzt zu gefährlich werden. Ihm wäre es lieber, wir würden zu einer Mutter fahren. Er könne mich dann mit ihrem Auto in die Innenstadt bringen. Ich stimmte dem zu.
So kamen wir heil an. Es dauerte aber ein Weilchen, bis ich eine geeignete Bleibe fand. Wie üblich hatte ich nicht vorher gebucht, sondern mich nur im Internet informiert. Die Zimmer und Preise wichen sehr vom Internet ab.
Schließlich fand ich im Dahab hostel ein winziges Zimmer. Da ich dort sowieso nur zum Schlafen war und die Dachterrasse wunderbare Aufenthaltsplätze bot, war es mir egal.
Einen Tag später kamen Maria und Tico, mit denen ich in Malawi war, an . Mit ihnen war ich die nächsten Tage unterwegs. Da sie kein Fahrrad hatten, blieb meines auch all die Tage stehen. Mit der Metro und Uber kommt man in Kairo überall hin. Es machte auch richtig Spaß.
Zuerst ging es zur Stufenpyramide.
Die Gegend war schön, von der Pyramide und den Gräbern hatte ich mehr erwartet. In die Pyramide darf man nicht hinein. Es ist baufällig und ein einziges Labyrinth, wahrscheinlich eine Vorsichtsmaßnahme gegen Grabräuber.
Im Vergleich zu den Gräbern im Tal der Könige, sind die hier klein und farblos.
Man sollte Ägypten von Norden nach Süden bereisen. Dann gibt es eine Steigerung der Sehenswürdigkeiten.
Anschließend standen die Königspyramiden auf dem Programm.
In die Größte kann man hinein, muss aber ganz schön dafür zahlen. Schon bei den Gräbern bekam ich leicht Platzangst. Mein Verlangen, in die Pyramide zu gehen, wo es anscheinend nichts Spektakuläres zu sehen gibt, hielt sich in Grenzen.
Tico ging hinein, war aber schnell wieder draußen und bestätigte, dass wir nicht wirklich etwas verpasst hätten.
Zum Sonnenuntergang strömt alles zu dem Aussichtspunkt, von wo man alle drei Pyramiden in einer Linie sehen kann. Natürlich braucht man die Strecke nicht zu Fuß zurück legen. Es gibt eine reiche Auswahl an Pferden, Esel, Kutschen und Kamele. Wir lehnten alle Angebote ab, wir wollten laufen.
Während alle die Pyramiden fotografierten, fotografierte ich den Platz.
lle sprechen von den Meeren, die voll von Plastik sind. Die Wüsten sehen allerdings kaum besser aus.
Nachdem die Sonne unterging muss man das Gebiet verlassen. Von der Polizei angetrieben, strömten alle zum Ausgang. Der Weg war weit. Ein paar junge Kamelführer führten ihre Kamele zurück. Sie fragten, ob wir nicht reiten wollten.
Obwohl ich mir immer sagte „Ich nie!“ fand ich mich doch auf einem Kamel wieder.
(Credentials für das Foto an Tico. Von ihm gab es schon mehrere Aufnahmen von mir hier)
Ich muss sagen, mein Fahrrad ist mir lieber – aber nicht im Sand!
Die Jungs waren so gut drauf, wir hatten viel Spaß. Normalerweise wird man von den Touristenführern ausgenommen. Man muss immer genau den Preis vorher vereinbaren und dann darauf bestehen. Bei diesen war es ganz anders. Sie weigerten sich, unser Geld zu nehmen. Es gibt doch immer wieder Überraschungen.
So, genug der Tempel und Gräber. Als nächstes stand der Khan el-Khalili Markt auf dem Programm. Ich hatte mich mal wieder nicht sehr viel über die Stadt und ihre Sehenswürdigkeiten informiert. Von diesem Markt hatte ich noch nichts gehört. Darum war die Überraschung umso größer.
Es war einfach wunderbar. Anscheinend ist es der größte Markt von Afrika. Man kann so ziemlich alles kaufen, Lampen, Taschen, Stoffe, T-Shirts, Musikinstrumente….
Er befindet sich in einem älteren Stadtteil von Kairo zwischen Moscheen, Hammams (Bäder) und Madrassas (islamische Lehranstalten).
Eine ganz fantastische Atmosphäre. Dass auf dem Markt 2007 und 2009 Terroranschläge mit mehreren Toten stattgefunden hatten, las ich erst danach. Das könnte aber eine Erklärung dafür gewesen sein, dass kaum westliche Touristen anzutreffen waren.
Wie überall in Kairo konnten wir uns hier mit frischem Obstsaft stärken.
(wieder Danke an Tico)
Der Himmel hing praktisch voll von Orangen.
Zum Abschluss, weil es einfach irgendwie dazu gehörte, wollte ich noch in eine Shisha Bar.
(von wem ist dieses Foto? Richtig, Tico)
Keiner von uns hat es bisher probiert, keiner wusste Bescheid, wie so etwas funktioniert. Nicht nur wir hatten unseren Spaß, auch der nette Herr, der uns bediente.
Wieder stand ein Abschied an. Maria und Tico reisten nach Luxor und für mich war es Zeit Abschied von Afrika zu nehmen. Mostafa war mir wieder sehr behilflich, brachte mir eine Fahrradbox und brachte mich auf den Flughafen.
Ein Jahr und elf Monate war ich auf dem afrikanischen Kontinent und bin 38.224 Kilometer gefahren. Was für eine Tour.
Hallo Dorothee,
ich habe all deine Berichte über deine Afrikatour mit Spannung verfolgt und fand es immer wieder unglaublich, wie du dich durchgekämpft und was du alles erlebt hast. Ich vermute, dass du mittlerweile wieder zuhause bist (in Lahr?). Gibt es denn irgendwann wieder einen Vortrag? Vielleicht würde ich es ja dieses Mal schaffen dich persönlich kennen zu lernen und live von deinen Abenteuern, Erlebnissen, Begegnungen und Strapazen zu hören.
Viele Grüße von Brigitte aus Zell a.H.
Hallo Brigitte,
vielen Dank. Ja, zur Zeit bereite ich den Vortrag vor. Der erste wird in Bayreuth nächste Woche sein. Im Herbst 2018 und Frühjahr 2019 werde auch Vorträge in der Lahrer Gegend stattfinden.
Im Herbst wird auch ein Buch über meine Afrika-Reise erscheinen.
Liebe Grüße,
Dorothee