Auf dem Weg nach Irland
Eine Radreise durch Luxemburg, Belgien und Frankreich. Teil 1
Die Entscheidung für die Strecke
Fast auf der ganzen Welt war ich schon mit dem Fahrrad unterwegs. In Europa gibt es nur noch wenige Länder, die ich nicht mit dem Fahrrad bereist habe.
„Diese Länder hebe ich mir fürs Alter auf!“ – habe ich mir gesagt. Nun bin ich zwar etwas älter, fühle mich aber noch fit. Aus zeitlichen und finanziellen Gründen sollte es dieses Jahr etwas Näheres sein. „Warum nicht Irland?, dachte ich.
Fliegen wollte ich hauptsächlich wegen des Aufwandes nicht. Also überlegte ich, von wo aus ich am besten mit der Fähre nach Irland komme. Eine Verbindung über England war keine Option, da man seit April dieses Jahres ein Visum benötigt.
Ein weiteres, wichtiges Entscheidungskriterium: Ich werde seekrank! Fragt mich nicht, wie es mir auf der Fähre von Tallinn nach Helsinki ging. Also musste es eine möglichst kurze Überfahrt sein.
Freunde von mir hatten die Fähre von Cherbourg genommen. Da der Fährhafen in der Normandie direkt am EuroVelo 4 liegt, habe ich mich ebenfalls dafür entschieden.
Die Route stand fest: Ich fahre mit dem Zug (Deutschlandticket) bis zur Grenze Luxemburgs, zum EuroVelo 5. Diesem folge ich durch Luxemburg, Belgien und Frankreich, bis ich quer nach Boulogne-sur-Mer wechsle. Von dort aus kann ich dem EuroVelo 4 bis Cherbourg folgen.
Start im Regen
Es war Ende Juli. Mit dem Zug bin ich bis Dillingen/Saar gefahren. Dann hieß es endlich: rauf aufs Fahrrad! Ein geniales Gefühl – vielleicht sogar für zwei Monate! Das Ende lasse ich mir offen.
Die letzten Tage hatte es stark geregnet. Teile des Radwegs entlang der Saar und an der Straße waren wegen Überschwemmungen und Erdrutschen gesperrt. So begann die Fahrt gleich mit einem kleinen Abenteuer.
Luxemburg: eine große Schleife in einem kleinen Land
Es war nur noch ein kurzes Stück auf dem EuroVelo 5 in Deutschland, bevor ich bei Schengen nach Luxemburg kam.
Entlang der Mosel war es sehr touristisch und, typisch für Luxemburg, eine höhere Preisklasse. Die erste Nacht verbrachte ich auf einem Campiingplatz auf deutscher Seite.
Der EuroVelo 5 macht eine große Schleife durch Luxemburg. Klar, sonst wäre ich mit dem kleinen Land ja schnell fertig! Auf längeren Etappen überlappen sich Radwege, wie hier der für den „VeloSummer“.
Naja, „Velo“ (Fahrrad) ja, und nach dem Monat ist es Sommer, aber es war sehr kalt und hat immer wieder geregnet. Immerhin sind für diesen Event zwei Wochen lang die Straßen gesperrt. Glückwunsch, Luxemburg!
Durch Luxemburg-Stadt bin ich nur kurz durchgefahren. Es ist eine schöne Stadt mit einer tollen Altstadt und sicher interessanten Museen. Mir war allerdings überhaupt nicht nach einer Städtetour mit so vielen Leuten und Ampeln zumute.

Durch einen schönen Park ging es wieder hinaus und direkt auf eine alte Bahntrasse, die als Radweg mit schönen Picknickplätzen ausgebaut ist. Bei dem Wetter war hier so spät kaum noch jemand unterwegs. Ein idealer Platz zum Wildzelten.
Um 3:20 Uhr morgens kamen dann doch zwei Männer vorbei. Als sie mein Zelt sahen, hörten sie sofort auf zu sprechen und schalteten ihre Taschenlampen aus. Auf Schautafeln hatte ich gelesen, dass dies früher entlang der Grenze zu Belgien ein Schmugglerpfad war. Vielleicht gibt es ja immer noch Schmuggler.
Bald ging es nur noch bergab, und ich war in Belgien.
Belgien: Über Berge und durch die Kriegsschauplätze der Ardennen
In der Grenzstadt Martelange kam ich kaum durch. Unmengen von Autos suchten verzweifelt nach Parkplätzen. In Luxemburg sind Zigaretten, Alkohol und Kaffee wesentlich günstiger. Das zieht natürlich viele an – mich nicht. Der Spuk war aber bald vorbei, und ich fuhr auf einem schönen Radweg entlang eines Baches.
Nicht lange, und es ging wieder bergauf. Bei Bastogne fuhr ich immer wieder an Panzern vorbei. Die Stadt ist durch die Ardennenoffensive bekannt. Am 20. Dezember 1944 kesselte die deutsche Wehrmacht amerikanische Soldaten dort ein. Ab dem 25. Dezember wurden die Deutschen wieder vertrieben. Diese historischen Schauplätze ziehen viele Besucher an.
Ich fuhr weiter durch wunderschöne, ruhige Landschaft. Leider besserte sich das Wetter noch nicht. Erst am nächsten Tag kam die Sonne durch. Es ging bergauf, wobei ich die Aussicht genießen konnte, und dann folgte eine Traumabfahrt zwischen Felsen hindurch zu dem schönen Ort La Roche. Dort kann man sich gut aufhalten.

Danach merkte ich mal wieder, wie mich Verkehrslärm stresst. Meine Gelassenheit war wie weggeblasen. 28 Kilometer ging es an einer stark befahrenen Straße entlang, bis der Weg endlich wieder auf kleineren Pfaden bergauf führte. In einem kleinen Wäldchen fernab von allem fand ich Ruhe und einen guten Platz für mein Zelt.

Nur noch einmal den Berg hoch und wieder fantastisch an Felsen hinunter, und ich war an der Maas (Meuse) – dem Ende der Ardennen.

In Dinant wunderte ich mich über die Saxophone auf der Brücke. Ein Leser machte mich darauf aufmerksam, dass Adolphe Sax, der Erfinder des Saxophons, aus Dinant stammt. Schon wieder etwas gelernt!

Die Maas ist ein netter Fluss mit einem gut ausgebauten Radweg. Bei Namur treffen der EuroVelo 3 und der EuroVelo 5 aufeinander. Der EuroVelo 5 geht hier wieder mal bergauf, aber da ich nicht mehr in den Ardennen bin, sind es meist nur noch kleine Hügel.

Brüssel und Umgebung
Auch in Belgien gibt es große Schlösser mit noch größeren Parkanlagen, zum Beispiel das Château de la Hulpe. Um die gesamte Größe und Schönheit wahrnehmen zu können, führt der EuroVelo 5 in Schlaufen hindurch. Heute hätte ich mindestens 20 Kilometer sparen können, wenn ich einfach geradeaus weitergefahren wäre. Aber was hätte ich dann verpasst? So hatte ich meine Ruhe in dem grünen Park – die Sonne schien sogar kurz – und dem weitläufigen Wald.
Bei Tervuren war es nicht mehr so entspannt. Wieder einmal wurde meine Gelassenheit entlang einer stark befahrenen Straße getestet, und das auch noch bergauf. Zur Belohnung kam oben eine neue Fahrrad-Holzbrücke, und kurz war der Spuk vorbei, bis es in die Hauptstadt ging.
Der EuroVelo 5 führt mitten durch Brüssel. Vorbei am Hauptgebäude der EU und Bierbörse, durch den Jubelpark mit Triumphbogen und Quadriga, was mich sehr an das Brandenburger Tor erinnerte.
Ihr werdet inzwischen gemerkt haben, meine Liebe für Städte hält sich – zumindest während Radreisen – in Grenzen. Mit den vielen Ampeln und Baustellen ist Brüssel nicht gerade ein Fahrradparadies für mich.
Mit vielen Pendlern konnte ich sehr angenehm entlang des Kanals die Stadt wieder verlassen. Wahrscheinlich haben die Belgier beim Anlegen der Radwege nicht damit gerechnet, dass sie so viele Radfahrer anziehen würden. Teilweise war es sehr abenteuerlich, wenn die Rennradfahrer von hinten auf den schmalen Wegen angerauscht kamen – links von mir der Fluss, rechts Brennnesseln.
Später am Kanal wurde der Weg angenehmer. Je näher ich Frankreich kam, desto grüner wurde die Oberfläche des Wasser. Es schwammen mehr Plastikflaschen als Enten darauf. Sehr beunruhigend.

Die Grenze nach Frankreich muss ich irgendwie übersehen haben. Erst nachdem ich nachfragte, wurde mir bewusst: Jetzt bin ich in Frankreich. Wie es da weiterging, erfahrt Ihr im nächsten Beitrag.
Bisher war ich acht Tage unterwegs und bin 563 Kilometer gefahren.
ℹ️ Gut zu wissen…
Sprachen in Luxemburg: Luxemburg hat eine eigene Sprache, die dem Deutschen sehr ähnlich ist. Mit Deutsch kommt man gut durch. Bei den vielen Ausländern (Expats) ist auch Englisch sehr verbreitet.
Sprachen in Belgien: Im Norden Flämisch, im Süden Französisch. In einem kleinen Teil im Osten gibt es eine deutsche Sprachgemeinschaft.
Wildzelten: Wildzelten ist weder in Luxemburg noch in Belgien offiziell erlaubt. Mein Zelt habe ich erst spät aufgestellt und wieder früh eingepackt, sodass mich kaum jemand gesehen hat und ich niemanden im Weg war. Und wenn mich doch jemand entdeckt hat, haben sie sehr freundlich reagiert. Es versteht sich von selbst, dass ich auch keine Spuren hinterlassen habe. Die sogenannten Doggy Bags (für Hundekot) eignen sich sehr gut für Abfalltüten.
Zeckenpinzette: Eine Zeckenpinzette gehört in dieser Gegend und Jahreszeit unbedingt ins Reisegepäck. Selten hatte ich so viele Zecken.
Welche Erfahrungen habt Ihr auf diesen EuroVelo-Routen gemacht? Schreibt es mir in die Kommentare!











